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Klauenfäule 2

Das Klauenleiden „Fäule“ wird unter verschiedenen Namen geführt. Der meist gebrauchte ist wohl Klauenfäule. Oft benutzt man auch den Begriff Ballenfäule. Leider wird hiermit die erste Stufe der Krankheit übersehen. Sie entsteht nämlich zunächst an der Zwischenklauenhaut und greift innerhalb von drei Wochen über in Richtung der Ballen. So ist es richtiger diesen Begriff nicht als Definition zu handhaben. Zwischenzehenfäule ist vielleicht sogar der bessere Begriff, weil er genau die Krankheit definiert und deren Lokalisation. Der lateinische Begriff ist Dermatitis Interdigitalis, was so viel heißt wie Hauterkrankung im Zwischenzehenbereich.


BU: Die zweite Stufe der Erkrankung, in der sie häufig erst erkannt wird. Das Ballenhorn hat
sich vom Sohlenhorn gelöst und es zeigen sich die V-förmigen Riefen.
Der üble Geruch ist für den Kenner schon zu registrieren. (Foto Pijl)



Klauenfäule gehört nach dem Zwischenzehenphlegmone zu einer der meist infektiösen Klauenleiden. Die verantwortlichen Erreger sind die zwei Bakterien Fusobacterium Necrophorum und Bacteriodes Nodosus. Beide halten sich auf in der Darmflora des Einzeltieres. Über den Kot ausgeschieden sind sie gerade im modernen Laufstall als Haltungsform eine Bedrohung für die Klauen. Hier sind die Tiere gezwungen, sich auf einer Lauffläche zu bewegen, welche belegt ist mit Kot aus ihren eigenen Därmen, aber was noch viel schlimmer ist, auch mit Kot der anderen Tiere. Da die Kuh beim Laufen keine Ausweichmöglichkeit auf eine nicht verschmutzte Fläche hat, ist die Klaue bei jedem Auftritt der Gefahr ausgesetzt, in einem verdreckten Umfeld aufzusetzen. Die unbehaarte und damit ungeschützte Zwischenklauenhaut wird dadurch erheblich beansprucht. Da der Kot beim Ausscheiden eine relativ hohe (Körper-)Temperatur hat und öfter in einer dunklen Umgebung „landet“, wo wenig Luftbewegung herrscht, sind die Bedingungen wie in einem Brutkasten und daher ideal, um den Krankheitsdruck zu erhöhen.



Fäule ist typische Stallkrankheit
Die Klauenfäule ist eine typische Stallkrankheit, die auf der Wiese nicht vorkommt. Es sei denn, eine sehr lange feuchte Periode auf der Wiese liegt hinter den Tieren. Beobachtet man die Kuh in der freien Wildbahn, kann man feststellen, dass sie nie in einen Haufen Kot treten wird. Das Bein wird immer auf einer sauberen Stelle am Boden landen, sofern es diese Stellen gibt. Nur wenn die Kühe getrieben werden und nicht vor sich sehen können, um die Lauffläche im Auge zu behalten, weil sie zu nah an ihren Vorgängerinnen laufen, treten die Tiere schon mal in (ihren) Kot.


Tiere mit gutem Immunsystem erkranken seltener an Klauenfäule, und auch die körperliche Verfassung gerade bei den etwas korpulenteren Kühen scheint eine positive Rolle zu spielen. Der Verlauf der Krankheit zeigt ein Aufweichen der Zwischenklauenhaut, der Haut öffnet sich unsichtbar für das Auge und die Eintrittspforte ist geschaffen. Die Bakterien toben sich aus in der Haut, wo es wiederum warm, dunkel und feucht ist. Landet während dieses Vorgangs das Fusobacterium Necrophorum unter der Haut, ist in vielen Fällen ein Zwischenzehenphlegmone zu erwarten. Also kann die Fäule ein Vorläufer sein für eine zweite Krankheit, gerade wenn das Tier keine Resistenz gegen alle Stämme (es gibt neun verschiedene Stämme des Fusobacterium Necrophorum) aufgebaut hat. Die zweite Stufe des Leidens spielt sich nach ungefähr drei Wochen nach Entstehen der Erkrankung ab.



BU: Die erste Phase der Fäule an der ungeschützten Zwischenzehenhaut.
Eine nasse und aufgeweichte Zwischenklauenhaut mit dem typischen weißen Belag. (Foto Pijl)


Die Bakterien wandern in Richtung des Ballengebietes und fressen sich einen Weg zwischen das Ballenhorn und das Sohlenhorn. Es entstehen V-förmige Riefen. Nach gewisser Zeit verhärtet sich das gelöste Sohlenhorn und verursacht eine zusätzliche Gefahr durch heftigen Druck, ausgelöst durch die ausgetrocknete und dadurch harte Sohle, die auf ein relativ weiches Ballenhorn drückt. Ballenhorn wird nie dicker als ungefähr fünf Millimeter und hat eine weiche Struktur, welche sich im Gegensatz zum Sohlenhorn nicht verdickt bei Beanspruchung. Der Ballen an sich schwillt an, eine Entzündung im Fettgewebe entsteht.


Erste Abhilfe bringt der Klauenschnitt
Der einzige Weg, Abhilfe zu schaffen ist zunächst die Klauen zu beschneiden und das Ballengebiet gerade wenn dies schon geschwollen ist so zu beschneiden, dass beim Auftreten der Boden nicht berührt wird. Hierzu bietet sich das 5-Punkte-Schema bestens an. Dieses Schema ist zu finden unter www.rene-pijl.de sowie in der letzten Ausgabe der „Tiergesundheit aktuell“. Ein anderes Hauptkriterium ist, die Ränder am Übergang vom gelösten Horn ausreichend auszudünnen. Sie sollten nach dem Beschneiden unter leichtem Fingerdruck nachgeben. Die Schwellung in den Ballen wird sich, wenn keine Belastung mehr stattfindet, in kürzester Zeit wieder zurückbilden. Da der Ballen aus Fettgewebe besteht kann mit einer antibiotischen Therapie kein oder nur ein sehr geringer Erfolg zu erwarten sein, weil hier keine Durchblutung stattfindet wie im Fleisch und den Organen. Wenn die Haut einen nassen Belag zeigt, welcher nach Fäulnis riecht, sollte man ihn trocknen und mit einem antibiotischen Spray einsprühen. Ganz wichtig: Diese Unterfußerkrankung kann tödlich für die betroffenen Kühe verlaufen, wenn sie nicht rechtzeitig und korrekt erkannt und therapiert wird. Es gibt kein anderes Klauenleiden, dass so viele Todesfälle verursacht.


Folgekrankheiten bei einer zu späten Behandlung gibt es in Form der schon angesprochenen Zwischenzehenphlegmone und Klauensohlengeschwüre. Eine schlechte Eigenschaft der Erkrankung ist das Anregen des Wachstums vom Sohlenhorn. Hierdurch wird sich mehr Sohlenhorn gerade an der typischen Stelle in der Sohle bilden und der Druck auf die Lederhaut an dieser Stelle wird extrem erhöht. Ein Sohlengeschwür ist vorprogrammiert, wenn nicht innerhalb einiger Wochen nach den ersten Anzeichen eingegriffen wird in Form eines Klauenschnitts. Die antibiotische Spritze kann hier keine Verbesserung bringen, weil einerseits der Druck auf der Lederhaut im Hornschuh und anderseits das Aufhalten der Bakterien in nicht durchbluteten Hornschichten keine Wirkung haben kann. Also ist Handarbeit gefragt. Ist der Unterfuß schon angeschwollen wegen eines Klauengeschwürs, sollte die Therapie in Form der Entlastung der erkrankten Klaue belaufen werden. Der Schnitt weicht ab von dem Entlastungsschnitt bei der Fäule. Liegt auch ein Zwischenzehenphlegmone vor, ist dieses zu bekämpfen über eine rasche Behandlung mit einer antibiotischen Spritze, immer in Absprache mit dem Hofveterinär.


Licht, Luft und Hygiene als Vorbeugung
Vorbeugende Maßnahmen gibt es in Form von Hygiene in der direkten Umgebung der Tiere. Die Temperatur in den Stallgebäuden sollte so niedrig wie möglich gehalten werden. Frische Luft ist unentbehrlich. Der Einfluss von Licht ist nicht zu unterschätzen. Weidegang schafft Abhilfe, weil hier alle Bedingungen optimaler sind. Nicht nur gegen die Erkrankung, sondern die Tiere zeigen mehr Bewegungsaktivität auf der Weide, was wiederum eine erhöhte Abwehr im Tier als Folge hat. Die Frage nach einem Klauenbad kann schnell geklärt werden: Vorbeugend ist es keine Lösung. Nur wenn die Krankheit in der Zwischenklaue sitzt, also in den ersten drei Wochen der Erkrankung, kann mit bestimmten Mitteln gebadet werden. Die richtigen Maße des Klauenbades und der richtige Einsatz des entsprechenden Mittels sind wichtig. Ist ein Faktor in der Kette nicht richtig, kann die Maßnahme schon nichts mehr bringen. Wird zum Beispiel erst in der zweiten Hälfte des Winters angefangen mit dem Baden oder wenn schon die V-förmigen Riefen zu erkennen sind, führt dies zu nichts oder sogar zu einer Verschlechterung. Wäre es so einfach wie oft gepriesen, hätten wir doch mit Sicherheit nicht mehr die Probleme, die wir jetzt haben. Der Gesetzgeber hat sich hier auch eingemischt und das mit Berechtigung. Er lässt wenig Freiraum über den Einsatz verschiedener Mittel. Eine gute Alternative ist das Schneebad.


BU: Wenn sich die Möglichkeit bietet die Tiere mehrere Tage über einigen Stunden
im Schnee spazieren zu lassen ist es die beste Alternative zum Fußbad.


Nicht jedes Mittel ist geeignet und gleichzeitig auch gut für eine offene Wunde. Also mehr minus Punkten als plus Punkten für einem Fußbad. So ist es besser einen anderen Weg, wie schon besprochen, zu gehen. Aus der Auswertung der Datenbank des Autors ist bei fast 50.000 Beobachtungen und bei über 17.000 verschiedenen Tiere von denen die ganzen Lebensdaten von A bis Z vorhanden sind, ein Erblichkeitsfaktor berechnet worden. Dieser liegt bei 20 Prozent – einer der höchsten bei Klauenleiden, fast gleich hoch wie die Erblichkeit für Milch und ihre Inhaltsstoffe. Gleichzeitig ist hier festgestellt worden, dass es die einzige Krankheit am Unterfuß ist, bei der die Zwischenkalbezeit negativ beeinflussen wird.


Fazit
Die hochinfektiöse Klauenkrankheit Fäule ist eine bakterielle Krankheit und eine typische Stallkrankheit, die nur über eine korrekte Pflege therapiert werden kann. Handarbeit ist gefragt und rechtzeitiges Eingreifen. Bei der richten Therapie ist innerhalb einiger Tage eine rasche Verbesserung zu erwarten. Das Umfeld spielt eine sehr große Rolle und kann die Erkrankung direkt beeinflussen, allerdings zu positiver als auch zu negativer Seite. Das Klauenbad kann nur bei der richtigen Wahl der Mittel und deren korrektem Einsatz eine positive Wirkung haben. Die Erblichkeit ist nicht zu unterschätzen. Fäule kostet im Verglich zu anderen Klauenleiden verhältnismäßig vielen Tiere unbewusst das Leben, wenn sie nicht korrekt oder rechtzeitig behandelt wird.

René Pijl . Klauenpfleger Meister . Fischershäuser 1 . 26441 Jever . E-Mail: r.pijl@t-online.de . Telefon: 04461-6863 . Fax: 04461-6988