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Mortellaro'sche Krankheit

Dermatitis Digitalis, auch Mortellaro'sche Krankheit genannt, ist eine Hautkrankheit, die meistens am Unterfuß in der Fesselbeuge auftritt. Mittlerweile ist sie in vielen Beständen zur Betriebskrankheit geworden. René Pijl, Klauenexperte aus Jever, erklärt die Erkrankung und wie sie bekämpft werden kann.

Der Vorteil von Dermatitis Digitalisist, dass sie sich nur in denHautschichten bewegt und nicht in den darunter liegenden Fleisch und/oder Fettschichten (siehe auch "DieHaut als Schutz"). Würden die Keimesich auch dort ansiedeln, wären alle Tieremit Dermatitis Digitalis im Zwischenzehenbereichgleichzeitig von Zwischenzehen-Phlegmone betroffen. Da dies nicht der Fall ist, kann man darausschließen, dass Dermatitis Digitalis eineeigenständige Krankheit ist. Sie unterscheidet sich erheblich von Fäule (DermatitisInterdigitalis) und Zwischenzehen-Phlegmone (Panaritium). Immerhin sind einige Herden, bei denen die Klauen regelmäßig gepflegt werden, nicht von der Mortellaro'schenKrankheit betroffen. Diese Hautkrankheitgrenzt sich über eine kreisrundeVerdickung in der Lederhaut vom gesunden Gewebe ab. Diese Abgrenzungist mit der Fingerspitze sehr gut zu spüren. Hierdurch lässt sich das Leiden von Fäule sehr gut unterscheiden. Zudemriecht Fäule nach "Bundeswehrsocken" und Mortellaro sehr süßlich. Erstaunlich ist, dass man auch nach 30 Jahren,die man das Leiden kennt, noch immer nicht den richtigen Auslöser gefunden hat.


Unterschiedlicher Start
Die Größe ist im Anfangsstadium unterschiedlich. Hat sich die Mortellaro'sche Krankheit über längere Zeit festgesetzt, wird sie nach einigen Wochen gewachsen sein - sowohl in der Tiefe als öfter auch in der Größe. Die "nackte" Haut ist anfangs nicht blutige, sondern blass und ähnelt einer Heilung. Ist das Epithel nicht mehr vorhanden, wird der Körper einen Schutzfilm in Form eines eiterigen Belags, Exsudat genannt, bilden. Der Körper probiert so die Haut einigermaßen zu schützen. Die Haut verdickt sich und versucht sich nach innen abzuschirmen. Übrigens schaffen nur zwei bis vier Prozent der erkrankten Tiere eine Selbstheilung.



Beim Behandeln der Mortellaro´schen Krankheit wird die Klaue mit
Blauspräh besprüht. Dies wiederholt man nach einer halben Minute.




Der eitrige Belag wurde auf der rechten
Hälfte der erkrankten Seite noch belassen.

Mittel der Wahl

Zum Thema Mortellaro´sche Krankheit sind inzwischen viele Studien mit sehr unterschiedlichen Ergebnissen und manchmal fragwürdigen Abläufen gelaufen. Dennoch ist es zum Beispiel immer noch nicht gelungen mit einem Stück erkrankter Haut, eine gesunde Kuh zu infizieren. Wissenschaftlich erwiesen ist auch, dass Fußbäder mit einer Lösung von Kupfersulfat und/oder Formalin (Zinksulfat etc.) keinen Erfolg bringen. Zudem sind diese Mittel in der Rinderhaltung nur als Pflege- und nicht als Therapiemittel zugelassen. Der Gesetzgeber hat hier auch vollkommen Recht. Denn betrachtet man die geöffneten (kranke) Stellen am Unterfuß, nachdem sie durch einen Lösung von Kupfersulfat und/oder Formalin benetzt wurden, ist eine heftige Reaktion der Haut zu sehen. Dies hat zur Folge, dass sich kein gesundes, funktionsfähiges Epithel mehr bilden kann. Werden andere Mittel angeboten, bei denen keine Inhaltstoffe auf dem Etikette stehen, ist grundsätzlich vom Kauf abzuraten. Können zudem auch keine schriftlichen Forschungsergebnisse vorgelegt werden, gilt das gleiche. Gewarnt werden muss zudem vor Präparaten, die die Krankheit wegätzen sollen. Sind die epithelbildenden Schichten in der Haut aber erst einmal vernichtet, werden sie sich nie wieder aufbauen. Das Mittel der Wahl ist also noch nicht erfunden. Die Datenbank von René Pijl zeigt, dass Kühe, die mit Mais in der Ration gefüttert werden, einem erhöhten Risiko an der Mortellaro´schen Krankheit zu erkranken ausgesetzt sind. Sicher ist auch, dass der Weidegang die Klauengesundheit fördert und das Mortellaro-Risiko senkt. Aber die Krankheit wird nicht von selber heilen. Studien zeigen, dass Tiere, die Tag und Nacht Weidegang haben, ein Peak in der Erkrankungshäufigkeit in die Monate Juli und August haben. In diesen Monaten fällt normalerweise wenig Regen und der Unterfuß bleibt somit relativ sauber. Von einer Infektion kann hier also nicht die Rede sein. Daher sollte bei der Ursachenforschung verstärkt in Richtung Fütterung und Verdauung gegangen werden. Dies passt auch besser in das Bild der Zweistufen-Erkrankung.





Dermatitis Digitalis im Zwischenklauenspalt auf einem Tylom.


In den meisten Fällen findet man die Mortellaro’sche Krankheit in der Fesselbeuge und im Zwischenzehenbereich. Sie ist immer kreisrund, auch wenn man sie in der Nähe der Zwischenklaue findet. In diesem Fall ist ein Teil des Kreises in den Zwischenballen zu finden. Über 50 Prozent der betroffenen Tiere zeigen die Krankheit nur im Zwischenballenspalt. Sie wird daher vom Pfleger oder Besitzer nicht bemerkt. In den Zwischenklauenspalt entwickelt sich Dermatitis Digitalis häufig auf einem Tylom, aber kommt auch gerne auf der Zwischenklauenhaut vor. Vorne auf den Kronensaum wird die Erkrankung am schlechtesten erkannt. Mittlerweile ist sie auch an einer geöffneten Lederhaut im Hornschuh festzustellen. Meistens handelt es sich hier um Hornschuhverletzungen (Klauensohlengeschwüre und Weiße Linie Defekte), die nicht rechtzeitig beschnitten worden sind. Die wenigsten Kühe, die an Dermatitis Digitalis leiden, lahmen, nur bei Berührung der geöffneten Haut zeigt die Kuh Schmerzen. Befindet sich die Erkrankung allerdings im Zwischenzehenspalt, hebt das Tier sein Bein auch im Stehen gerne an und ist beim Melken unruhig. Wenn die Wunden sich vergrößert haben und schon länger existieren, lahmen die Tiere vermehrt. Lahmheit kann also nicht als Erkennungsmerkmal dienen. Auch auf dem Kronensaum und am vorderen Übergang vom Euter zum Bauch der Kuh sind diese Leiden nicht selten zu finden. Es gibt Betriebe, die ihre eigene Form der Krankheit zeigen: Einige hauptsächlich am Kronensaum, andere vorwiegend auf dem Ballen. Das würde dafür sprechen, dass es unterschiedliche Typen der Krankheit gibt. Fest zu stellen ist auch, dass sich in einigen Betriebe die Häufigkeit von Dermatitis Digitalis nach Jahren von allein, ohne zusätzliche Klauenbad-Therapie, senkt.


Die Haut als Schutz
Die Lederhaut wird im gesunden Zustand vom Epithelgewebe geschützt. Verliert diese Schutzhaut ihre Funktion, können Keime und Bakterien in die Lederhaut sowie die darunter liegenden Hautschichten eindringen. Es wird daher von einer Zweistufen-Krankheit gesprochen. Eine Ursache dafür, dass sich das Epithel von der Lederhaut löst, sind Mangelerscheinungen. In den erkrankten Hautschichten findet man eine Vielzahl von Keimen und Bakterien, die überall im Umfeld der Tiere und Menschen vorkommen. Somit kann auch nicht gesagt werden, welche Keime für dieses Krankheitsbild verantwortlich sind. Zudem ist die Diskussion darüber, ob es sich um eine infektiöse oder nichtinfektiöse Krankheit handelt, noch nicht zu Ende. Wichtiger ist es allerdings den Auslöser der Krankheit zu finden.



Dermatitis Digitalis im Übergang von Euter
zum Bauch ist keine Sltenheit.


Die passende Behandlung

Damit die Haut wieder eine gesunde Epithelschicht bilden kann, sollte eine Behandlung durchgeführt werden, welche die Haut nicht reizt. Sonst wird sie mit einer Wucherung reagieren und/oder es bildet sich eine nicht funktionsfähige Epithelschicht. Die Heilung beginnt bereits wenige Stunden nach der korrekten Therapie. Es bildet sich eine Kruste auf der Haut. Nach zehn bis 14 Tage wird die Kruste abfallen und die Lederhaut ist wieder von einem Epithelgewebe geschützt. Zwar ist die Haut noch ein wenig blass, aber sie wird in einigen Wochen wieder normal aussehen. Studien zeigen, dass Tiere, die einmal von der Mortellaro’schen Krankheit betroffen waren, auch weiterhin anfälliger für die Erkrankung sind. Allerdings werden bei Weitem nicht alle Tiere erneut erkranken. Kühe, die halbjährlich gepflegt und besprüht werden, haben ein um fast ein Drittel niedrigeres Erkrankungsrisiko. Vor der Behandlung muss allerdings geklärt werden, ob eine Einzeltier- oder eine Bestandstherapie vorgenommen wird. Bei der Einzeltherapie pflegt man nur die Klauen der erkrankten Tiere, bei der Bestandspflege werden alle Kühe behandelt – egal, welche Krankheit vorgefunden wird. Behandelt man nur die klauenkranken Kühe ist die Gefahr groß, dass nicht alle Tiere mit einem Leiden tatsächlich auch therapiert werden. Wird ein halbjährlicher Klauenschnitt angewandt, werden alle Tiere mit einem Leiden, wenn richtig diagnostiziert, er kannt und behandelt. Die Bestandstherapie kann zudem ein Fußbad beinhalten. Der Einsatz eines Fußbads, wird aber fast nie den erhofften Erfolg bringen, da sich auf der geöffneten Lederhaut eine eitrige Ablagerung gebildet hat. Das Mittel kann also nicht direkt auf der Lederhaut wirken. Eine weitere Ursache für den therapeutischen Misserfolg ist, dass viele angebotene Mittel, die Keimen und Bakterien nicht entsprechend angreifen. Zudem wird häufig nicht darauf geachtet, dass das Niveau im Klauenbad hoch genug ist, und ob vielleicht der Ansatz erneuert werden muss, da sich zu viel Dreck angesammelt hat. Besprüht man die Klauen während des Melkens, trifft man auf die gleichen Probleme. Hinzu kommt noch, dass der Zwischenballenspalt nicht vom Mittel benetzt werden kann. Wird mit Blauspray besprüht, ist eine Wirkung kaum vorhanden, da die Haut amUnterfuß immer feucht ist und das Medikament nicht haften bleibt. Oft ist auch der Bereich, in dem die Krankheit am häufigsten vorkommt, nicht zu treffen, wenn die Kuh steht. Erschwert wird die Therapie durch die Mittelwahl, denn viele Anbieter, die keine Tierärzte sind, dürfen nur Sprays ohne verschreibungspflichtige Medikamente verkaufen. Das Spray ist dann zwar blau, aber beinhaltet nicht die Stoffe, um die Krankheit zu bekämpfen. Die etwas modernere Art besteht aus einem mit Kalk gefüllten Steh-Bad. Es entsteht ein Milieu mit einem niedrigen pH-Wert. Hier fühlen sich die Keimen und Bakterien nicht wohl und werden sich nicht so leicht vermehren. Bei gesunden Klauen ist der Einsatz keine schlechte Idee. Wird das Bad allerdings erst eingesetzt, wenn die eine Klauenerkrankung bereits da ist – was häufig der Fall ist – ist es zu spät. Ein Misserfolg ist vorprogrammiert. Zudem ist Kalk kein Heilmittel. Die Heilung wird gebremst, da die Zwischenzellsubstanz austrocknet. Die Frage lautet also, ob ein Betrieb ein Klauenbad einsetzen sollte, wenn er keine Probleme mit Klauenerkrankungen hat. Das EU-Projekt „Lame Cow“ gibt hier eine klare Antwort: In Untersuchungen fand man heraus, dass Betriebe, die Klauenbäder einsetzen, das Vierfache an infektiösen Erkrankungen haben.


Saubere und trockene Haut

Die erfolgreichste und beste Therapie ist die halbjährliche Klauenpflege mit der Behandlung einzelner Krankheiten. Bei der Mortellaro'schen Krankheit wird die Stelle trocken sauber gemacht, am besten mit einem Einwegtuch aus der Küche. Ein Fön sollte nicht eingesetzt werden, da durch die Hitze die Haut verletzt werden kann und der Belag nicht entfernt wird. Wichtig ist, dass die Stelle möglichst sauber und trocken ist und nicht mehr blutet, wenn das Medikament aufgetragen wird. Dann wird ein antibiotisches Spray aufgebracht. Nach gut einer halben Minute Wartezeit, sollte die betroffene Stelle noch einmal besprüht werden. Maximal drei Tage nach der Behandlung ist das Tier relativ schmerzfrei und der Aufbau des Epithels hat schon wieder begonnen. Es gibt übrigens kein anderes Klauenleiden, das beim Einsatz der richtigen Therapie, so schnell heilt. Die ganz hartnäckigen Fälle, bei denen die Haut bereits stark wuchert, lassen sich gut mit einem Verband und Salbe behandeln. Der Vorgang ist zunächst derselbe wie beim Spray. Danach wird die Salbe „Novaderma“ aufgetragen und einen Verband gelegt. Wird außerdem noch ein Spray aufgetragen, wird die Haut bei dieser heftigeren Therapie ein wenig geschützt. Zudem kann das Spray zur Heilung beitragen, da es wiederum durch die Salbe und den Verband geschützt wird. Auf keinen Fall sollte Watte direkt auf die Wunde gelegt werden. Diese würde sich in der Haut einnisten und die Heilung stören. Der Verband wird nach drei Tage wieder entfernt. Normalerweise reicht diese Behandlung aus. Soll allerdings noch einmal einen Verband angebracht werden, muss einige Tage gewartet werden bis er erneut angebracht wird. So kann die Haut wieder zur Ruhe kommen und hat Gelegenheit zu atmen.

Das Spray und die Novaderma Salbe sind nur über den Tierarzt zu beziehen. Alle Sprays und Salben, die frei im Handel zu erwerben sind, wirken nicht oder in zu geringem Maße. Liegt die Erkrankungsrate in einem Betrieb über den Durchschnitt von 19,49 Prozent, kann man von einem Notfall sprechen. In diesem Fall lässt das Gesetz zu, dass der Betrieb ein Klauenbad mit einem antibiotischen Mittel einsetzen darf – als Folge der Einzeltherapie. Aber Vorsicht: Man muss schriftlich belegen können, wie hoch der Befall ist. Es muss also eine korrekte Diagnose vorliegen. In diesen besonders schlimmen Fällen darf der Tierarzt ein Medikament (Lincomicyn/ Tetracyclin haltige Pulver), das keine direkte Zulassung für Kühe hat, umwidmen. Dieses kann zweimal geschehen. Diese Therapiemöglichkeit sollte nur dann eingesetzt werden, wenn alle anderen Mittel versagt haben (siehe auch „Mittel der Wahl“). Empfehlenswert ist es zwei Wochen nach dem Klauenschnitt und der Therapie mit Blauspray, das erste Bad über vier Melkzeiten anzusetzen. Wichtig sind die richtigen Abmessungen der Wanne: Sie muss mindestens zwei Meter lang sein – drei Meter Länge wären noch besser – weil die Tiere so mit jedem Bein zweimal eintreten werden. Die Kühe dürfen nicht neben die Wanne treten können. Die Flüssigkeitstiefe sollte mindestens 15 cm betragen. Empfehlenswert ist es sicherheitshalber eine Milchprobe zu nehmen. Nach jeder Melkzeit muss kontrolliert werden, ob sich noch ausreichend Flüssigkeit in der Wanne befindet. Ist dies nicht der Fall, gilt es nachzufüllen. Beim Ansetzen des Bads ist außerdem darauf zu achten, dass die Tiere nicht aus der Wanne saufen. Sind schon einige Kühe durch das Bad gelaufen, werden sie nicht mehr aus der Wanne saufen.

Fazit
Die Mortellaro'sche Krankheit im Betrieb einzudämmen und zu verbannen, ist durch eine hartnäckige und längere Behandlung möglich. Es gibt aber keine Garantie, dass die Krankheit auf Dauer nicht wieder auftritt. Weidegang hat einen positiven Effekt, da die Durchblutung angeregt wird. Wird die richtige Diagnose und Therapie, mit etwas mehr Aufmerksamkeit und Mühe eingeleitet, ist eine erfolgreiche Behandlung möglich.

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René Pijl . Klauenpfleger Meister . Fischershäuser 1 . 26441 Jever . E-Mail: r.pijl@t-online.de . Telefon: 04461-6863 . Fax: 04461-6988