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Unsere „Milchfabriken“ werden immer öfter und stärker lahm! |
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Einleitung: Die Kuh wurde als
Steppentier erschaffen. Nach der Zwischenstation
als Haustier wurde sie zum Nutztier. Der
Leistungsdruck stieg an, für sie und ihren
Besitzer. Je schneller die Kuh Leistung bringt,
desto geringer die Kosten für ihre Aufzucht.
Schneller aufzuwachsen belastet allerdings den
Körper. Innerhalb von 40 Jahren die
Laktationsleistung um das 2,5-fache zu steigern,
hat von beiden Individuen viel gefordert. Die
durchschnittliche (Abgangs-) Lebensleistung ist
nicht gewachsen, was bedeutet: die Kuh ist sehr
viel schneller aus dem Betrieb verschwunden als
früher. Das ist keine starke Leistung von uns
als Betreuern/Züchtern unserer
„Milchvieh“-Herden! Die Gründe sind vielfältig
und beziehen sich immer öfter auf die
Fundamente. Trotz regelmäßigerer Klauenpflege
haben die Tiere keine längere Lebenserwartung.
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Ein ursprüngliches Bild: Rinder, hier in
Neuseeland, sind Tag und Nacht, im Sommer und im Winter draußen und
möglichst geschützt vor der Sonne.
(Foto Pijl)
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Haupteinfluss auf die Klauengesundheit: |
Wie schon seit vielen Jahren bekannt, ist die
Haltungsform der größte Faktor bei der Gesundheit der Fundamente,
inklusive der Klauen. Als Steppentier ist die Kuh dafür konzipiert, auf
einem nachgebenden Boden zu laufen. Sie wird, wenn sie es vermeiden
kann, selten in Kot von sich und ihren Genossinnen treten. Hierzu muss
sie genügend Freiraum haben, um sich zu orientieren. Der moderne
Laufstall kann nichts anderes bieten als eine Lauffläche, die mit
Fäkalien belegt ist. Kot in den unterschiedlichsten Konsistenten und
Mengen haftet am Hornschuh und bildet Schichten, welche zunächst das
„Atmen“ des Hornschuhs nicht mehr gewährleisten. Zusätzlich geht der
Glanz der Dorsalwand verloren. Diese sieht nach einer Reinigung sehr
stumpf aus. In der freien Wildbahn tritt aus der Haut beim Schwitzen ein
Talg aus, der sie geschmeidig hält. Beim Nagel (Dorsalwand) findet
Ähnliches statt, um ihn glänzend und relativ flexibel zu halten. Bei
Menschen, welche ihre Fingernägel oft lackieren, sieht man, dass die
Nägel ähnlich stumpf werden. Alles was lebt, atmet - auch die Haut und
die Dorsalwand. Der Hornschuh ist ein Produkt der Haut und sollte
deshalb (mit-) atmen können. |
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Eine glänzende Dorsalwand eines Hornschuhs, der kaum in Kontakt
gewesen ist mit Kot und einer bestimmten Art von Stallhaltung.
(Foto Pijl)
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Die harte, betonierte Lauffläche probieren wir
heutzutage zu umgehen, indem wir einen Gummi-Belag auf
der Lauffläche anbringen. Festzustellen ist: Dadurch
gibt es weniger Blutungen im Sohlenbereich. Wenn alle
Klauenleiden zusammengezählt werden, sind keine
Unterschiede zu registrieren hinsichtlich der
Klauenleiden. Die dauerhafte Stallhaltung verhindert den
Kontakt mit Regen. Das nasse Grass putzt beim Laufen den
Hornschuh sauber. Die Sonne ist nötig für die Bildung
von Vitamin D. Kühe die draußen sind, bekommen ständig
frische Luft. Der Tau am Morgen putzt und regt den
Hornschuh an, sich gesund zu bilden. Der nachgebende
Boden belastet die Lederhaut im Hornschuh so gut wie
nicht. Das Tier kann sich unbeschwert hinlegen wo sie es
möchte - ohne gestört zu werden von einer „bösen
Nachbarin“. Das Aufstehen kann unbeschränkt stattfinden,
ohne dass die Kuh dabei irgendwie eine Abtrennung
berührt. Mehr Bewegung regt die Blutzirkulation an und
fördert ein gesundes Wachstum des Hornschuhs. Der
Boxenlaufstall ist doch nicht viel mehr als ein
„Boxen-Herumsteh-Stall“. Last but not least: Jeder
Grashalm, den die Kuh zu sich nimmt, ist ein Schritt in
Richtung „kuhgerechte Ernährung“. |
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Der Fütterung als zweiter
großer Einflussfaktor:
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Allgemein wird die Fütterung als der beeinflussende Faktor für die
Klauengesundheit genannt – das ist aber nicht korrekt.
Selbstverständlich spielt sie eine bedeutende Rolle, aber nicht primär.
Zunächst sollten zwei Aspekte getrennt werden: Fütterung und Verdauung.
Die Futterration kann noch so gut sein; ist die Kuh nicht in der Lage,
diese zu verdauen, kann das Futter da nichts für! So sollte erstens das
Tier beobachtet werden, am wichtigsten ist es aber, den Kot zu
inspizieren. Bei der Klauenpflege kann man am besten zielgerichtet bei
jedem Einzeltier, das sich bei der Pflege entleert, beobachten, wie der
Kot aussieht. In einem modernen Hochleistungsbetrieb ist das „schnelle
Futter“ gefragt - das hat auch „schnellen Kot“ zur Folge. Auch sagt man,
dass eine Überversorgung bei der Fütterung das Hornwachstum in der Sohle
anregt. Also bildet sich bei Hochleistungskühen, die extrem gut
gefüttert werden, mehr Sohlenhorn. Das Netto-Wachstum an der Klaue
steigt. Schnelleres Wachstum an der Klaue und übrigens für fast alles,
bedeutet nicht gleichzeitig qualitatives Wachstum. |
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Ein Haufen Rinderkot, so wie er aussehen sollte.
(Foto Pijl)
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Wir werden sehr viele Konsequenzen auf uns nehmen müssen, wenn wir nur
hohe Leistung erzielen möchten. Die durchschnittlichen Leistungen
unserer Kühe haben in der Laktation zwar kräftig zugenommen, aber die
Abgangsleistung hat sich nicht wesentlich vergrößert. Das heißt: Unsere
Tiere leisten im Vergleich zu früher durchschnittlich genauso viel,
leben dafür aber erheblich kürzer. Umso mehr ist es zu bedauern, dass in
diesem kurzen Leben immer mehr Klauenleiden pro Tier auftreten.
Wirtschaftlich ist es vielleicht ein besserer Weg, aber es spricht nicht
für „Wellfaire for cows“. |
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Der Zucht als dritter großer Einflussfaktor: |
Die Zucht hat wesentlich zu einem deutlichen
Anstieg der täglichen Milchproduktion beigetragen. Gerade in der
HF-Zucht ist dies wahrzunehmen. Hierbei haben sich aber einige negative
Aspekte an den Fundamenten miteingeschlichen. So wird es gern gesehen,
dass die Tiere einen weichen Gang haben. Die Klauenstellung wurde dabei
immer flacher. Das Tier läuft also „säbelbeinig“. Die Klauen schieben
mit der Zeit immer etwas mehr unter das Tier. Der Klauenwinkel wird
kleiner und das Gewicht im Hornschuh verlagert sich immer mehr Richtung
Ballen. Hierdurch wird das Tuberculom Flexorium nach hinten gekantet und
drückt sich bei jedem Aufprall (Landung) auf der harten Lauffläche
kräftiger in die Lederhaut, die dabei gequetscht wird. Auch wird das
Fettpolster unter der Lederhaut im zweiten, hinteren Drittel des
Hornschuhs extrem verletzt – auf Dauer entsteht so ein Loch in diesem
sehr notwendigen Polster. Ist es einmal verletzt, kann es sich nicht
mehr regenerieren. Also läuft unsere „Milchfabrik“ ohne Stoßdämpfer auf
einer unflexiblen und mehr oder weniger verdreckten Lauffläche |
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Ein frisch geborenes Kalb (eine Woche alt) mit extremen Säbelbeinen.
(Foto Pijl)
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Zum Beispiel bei Fleckvieh ist die Beinstellung
und damit verbunden die Klauenstellung erheblich steiler. Der Gang ist
dadurch etwas stuckerigere. Die Fläche der Sohle ist dadurch in CM²
erheblich kleiner. Die Belastung pro CM² erhöht sich somit. Die Tiere
sind im Schnitt schwerer, dennoch sind bei ihnen erheblich weniger
Hornschuh-Beschwerden festzustellen.
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Der (Klauen-) Pfleger als Hilfe oder Störfaktor? |
Jeder der an der Kuh-Klaue pflegt ist, in dem
Sinne ein Klauenpfleger. Landwirt, Berufsklauenpfleger oder Veterinär -
sie alle toben sich mehr oder weniger an der Klaue aus. Mal mit mehr
Erfolg; das andere Mal etwas weniger erfolgreich.
Der Landwirt als Klauenpfleger: Es ist ihm nicht
übel zu nehmen, wenn er nicht alles versteht von der Klaue und der
Klauenpflege. Die Ausbildung in diesem Bereich ist für ihn meistens
nicht besonders umfangreich gewesen. Die Probleme fangen erst an, wenn
der Landwirt meint, schon alles zu wissen und können. Nichts ist
schlecht, wenn erkannt wird wo die persönlichen Grenzen liegen und wenn
Hilfe im richtigen Moment hinzugezogen wird. Und nicht erst, wenn das
Tier auf drei Beinen steht und ein Gliedmaß schon angeschwollen ist. Es
muss für viele ein schönes Hobby sein, den Tierarzt zu spielen.
Festzustellen ist ebenso, dass nicht jeder sich für die Kuhklaue
begeistern kann. Wenn die Pflege trotzdem durchgezogen wird, ist davon
kein präventiver oder kurativer Effekt zu erwarten. Wird nur aus
finanziellen Gründen alles in Eigenleistung durchgezogen, geht der
Schuss meistens nach hinten los. Es muss nach der Pflege eine positive
Entwicklung festzustellen sein. Für eventuelle schwere Fälle ist es
zumeist besser, direkt die Hilfe eines Experten in Anspruch zu nehmen.
Viele Selbstpfleger
neigen zu einer verfrühten Nachkontrolle der Klauen nach dem
Klauenschnitt. Die meisten Tiere bekommen dadurch nicht genügend Zeit
sich zu regenerieren. Mindestens fünf Tage nach der Pflege/Behandlung
sollte nicht an das Tier „herum gedoktert“ werden - solange es jeden Tag
eine Verbesserung zeigt, ist alles in Ordnung. Bei jeder „Inspektion“
wird wieder ein wenig Sohlenhorn abgetragen - auch von der benachbarten,
gesunden Klaue. Das bedeutet immer weniger Entlastung für die kranke
Klaue. Deshalb sollte die Kontrolle sich auf das visuelle Beurteilen der
Lokomotion beschränken. Der „Berufsklauenpfleger“ als Klauenpfleger: Im
Normalfall hat diese Person eine landwirtschaftliche Ausbildung hinter
sich, und zusätzlich einen Lehrgang in der Klauenpflege. Eine anerkannte
Ausbildung zur Klauenpfleger ist leider immer noch nicht möglich - so
kann jeder der möchte, sich heute Klauenpfleger nennen und seine/ihre
Dienstleistung in diesem Sektor anbieten. Die Qualifikation ist deswegen
sehr unterschiedlich. Auch Fortbildungen werden wenig oder gar nicht
gemacht, denn auch hier gibt es keine gesetzliche Regelung. Die Zeit ist
reif dafür - und manche Kuh schreit danach!
Viele Landwirte stellen fest, dass sich nach der
Herdenpflege, entweder selbstgemacht oder vom Dienstleister, keine
Verbesserung der Lahmheit zeigt. Bereits nach zwei bis drei Wochen sind
einige Tiere wieder lahm und werden erneut gepflegt. So wird der
Lahmheitsgrad immer ein wenig höher. Der Landwirt erkennt die hohe Zahl
der lahmen Tiere nicht mehr, weil dieser Zustand als „normal“ angesehen
wird. Er erkennt die nicht lahme Kuh nicht mehr. Andere Landwirte
monieren schon ein oder zwei Lahmende in der Herde. Steckt ein Betrieb
in die Schwierigkeiten, sollte der Betriebsleiter auf sein „Leiden“
aufmerksam gemacht werden.
Verführerisch ist heute das Angebot an Klötzen.
Für viele ist es anscheinend wichtig, dass das Tier gleich nach der
Pflege nicht mehr lahmt. Leider ist das aber kein Maßstab für den Erfolg
der Behandlung. Auch eine schlecht behandelte Klaue mit einem Klotz an
der benachbarten Klaue, zeigt oft keine Lahmheit mehr. Ein guter
„Klauenpfleger“ braucht wenige Klötze!
Einen großen Beitrag liefern die modernen
Klauenstände. Bei vielen Ständen ist es nicht möglich, neben der Kuh zu
stehen. Somit ist es auch nicht möglich, über das Sprunggelenk den
Erfolg oder Misserfolg der Entlastung der erkrankten Klaue zu
beurteilen. Ein Fixierrohr, an dem das Röhrbein festgebunden wird, ist
ebenfalls eine Einschränkung. Klauenstände, bei denen gleichzeitig alle
vier Beine hydraulisch gefesselt werden, verursachen Stress beim Tier.
Wer der Kuh während der Pflege in die Augen schaut, kann sehen, wie sie
gestresst ist. |
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Die einzige Position mit einem einzigartigen Griff an
die Klaue, bei der der Höhenunterschied an der Sohlenfläche beurteilt
werden kann. Ein frisch geborenes Kalb (eine Woche alt) mit extremen
Säbelbeinen. (Foto Pijl)
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Der Veterinär als Klauenpfleger: Meistens wird der
Veterinär erst zu einem Klauenleiden gerufen, wenn das Tier schon fast
ertrunken ist - viel zu spät und erst nachdem andere sich daran
ausgetobt, das Leiden nicht erkannt oder falsch behandelt haben. Das hat
zumeist schmerzhafte und/ oder tödliche Konsequenzen für das Tier.
Leider wird hier zu oft nach „der Spritze“ gegriffen und nicht immer
wird die Diagnose direkt am Tier, sondern aus der Ferne durchgeführt.
Auch ein Verband heilt von sich aus nicht - gerade hierbei ist Handwerk
gefragt. Mit viel Geschick sollte der Landwirt darüber befragt werden,
was schon alles gemacht worden ist.
Leider wird bei den betroffenen Tieren oft nur das
lahme Bein therapiert. Das andere, noch gesunde Bein muss Arbeit
übernehmen und deshalb präventiv vorbereitet werden auf diese Aufgabe.
Denn was nützt es, wenn das lahme Bein wieder funktioniert und das
gesunde Bein wegen der Überbelastung krank wird?
Klauenamputationen sind nur
eine Verzögerung des Todesurteils. Sehr häufig kann sich das Tier danach
nur noch eingeschränkt fortbewegen. Dauerhaft ist die Belastung für die
kleinere hintere Innenklaue dann zu hoch.
Bezüglich der Veterinärs-Ausbildung in Sachen
Kuh-Klauen gilt: Im Studium nimmt es nur einen kleinen Part ein, man
sollte sich also selbst fortbilden. Leider wir aber viel zu wenig Zeit
darin investiert, sich auf diesem Sektor gut auszubilden. Wer gut ist
mit dem Skalpell ist, muss nicht unbedingt gut mit dem Klauenmesser
sein! |
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Eine schlecht amputierte Klaue, die die extra Belastung nicht
ausgehalten hat. (Foto Pijl)
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Die „funktionelle Klauenpflege“ von Egbert
Toussant Raven ist in Deutschland - jeder spricht davon. Jeder meint,
sie in der ursprünglichen Form einzusetzen. Und jeder meint, sein
eigenes Ding hinzufügen oder ändern zu müssen. Und dabei gerät der
eigentliche Grundgedanke des orthopädischen Klauenschnitts für Kühe in
Vergessenheit
Profilaktische Klauenpflege kann auch positiv
ausfallen. Til Eilers
hat seine Dissertation bei mir in der Praxis gemacht. Das Thema: Hat
eine funktionelle Klauenpflege einen positiven Effekt auf die Lahmheit?
Vier Betriebe mit zwischen 60 und 180 Laktierenden wurden ausgewählt,
bei denen ich keine Klauenpflege gemacht habe. Nach einem Jahr und drei
Pflegeterminen im Abstand von sechs Monaten stieg die Zahl der nicht
lahmen Tier von 27 Prozent auf 85 Prozent der Herde. Die letzte
Lokomotionscore war in den Wintermonaten.
Der Tabelle zeigt den dreiwöchentlichen
Lokomotionscore von Til. |
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Die vertikalen blauen Linien zeigen die Pflegetermine.
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Weitere Managementfaktoren mit ihren negativen Auswirkungen auf
die Fundamente.
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Die Kuh hat eine Laufgeschwindigkeit von 2,5 bis 3
Km/h. Dies liegt deutlich unter den 5 Km/h von uns Menschen. Gerne
möchten wir die Tiere dazu zwingen, so schnell zu laufen wie wir –es
gelingt uns nicht. Erst recht nicht, wenn die Gruppe etwas mehr als zehn
Tiere umfasst. Die hinteren Kühe werden die vorderen nicht anschieben
können. Die nicht so schnellen (älteren und lahmen) Tiere laufen immer
hinten weil sie nicht schneller können.
Der Vorwartehof für den Melkstand kann für viele
Tiere zum Verhängnis werden. Oft klagen Landwirte, dass ihre Kühe nicht
in den Melkstand kommen möchten. Dies hat nichts mit den Kühen zu tun,
aber mit dem Melkstand und dessen Betreiber. Sind die Plätze zu klein,
drängen die Tiere aneinander. Ist der Boden glatt, sind sie unsicher.
Ist der Melker nervös, sind sie unruhig. Werden sie beim Herauslaufen
gehetzt, können sie die Belastung des Melkvorgangs nicht verarbeiten -
Stress ist vorprogrammiert.
Rangniedrige Kühe müssen bis zum Schluss warten,
um in den Melkstand kommen zu dürfen. Sie stehen also länger und ihre
Klauen, die meistens schon angegriffen sind, müssen noch mehr aushalten.
Wir sollten das Antreibegitter, wenn es eingesetzt
wird, mit viel Verstand und Rücksicht benutzen. Und einmal ausprobieren,
ob es vielleicht auch ohne geht.
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Wenn eine Kuh den Kopf hoch trägt, fühlt sie sich bedroht. Der
Vorwartehof bringt so zweimal täglich eine negative Erfahrung. Die
Klauen haben darunter sehr zu leiden.
(Foto Pijl)
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Rangniedrige Tiere haben ein schweres Leben in der
Herde. Sie haben in der Regel öfter Klauenleiden als andere.
Hier ein Erfahrungsbericht,
geschildert aus Sicht einer rangniedrigen Kuh: Zunächst warte ich bis
ein ruhiger Platz frei ist im Melkstand. Danach zur Tränke, nach dem
Melkvorgang immer gerne! Schon wieder warten bis ich dran bin … Danach
zum Fressgitter, wieder ein paar solche kräftige Brocken im Weg. Und die
stehen auch noch quer. Dann erstmal hinlegen. Ach je, da liegt meine
sture Schwester, gerne hätte ich einen Platz links und rechts neben mir
frei. Da sind doch drei Plätze frei, ich nehme den Mittleren. Ein böser
Blick von gegenüber lässt mich im letzten Moment doch noch anders
überlegen. Ich stelle das Liegen und Wiederkäuen doch noch ein. Ein
Attentat auf die Fundamente. Aha, da ist doch einen Platz, der mir
gefällt. Herrlich, ich liege und stoße den Wiederkäuballen auf. Ein
Genuss. Habe ich mich gerade daran gewöhnt, kommt die Königin vorbei und
will gerade auf meinen Platz liegen. Und sie bringt es deutlich rüber!
Dann mal zur Kraftfutterstation. Habe gerade meine Portion vor mir
liegen, da kommt die böse Schwester und verdrängt mich und frisst meine
Portion auf. Frustriert wie ich bin, stelle ich mich in eine ruhige Ecke
und fange im Stehen das Wiederkäuen an, was ich eben schon mal
abgebrochen habe. Meine Füße tun langsam immer mehr weh. Als letztes
kommt der Spaltenrobbie vorbei und ich muss den Platz wechseln. Nach
vier Wochen tun mir die Füße richtig weh. Wer hilft mir?
Erstkalbinnen in einer separaten Gruppe zu halten, bringt erheblich mehr
Erfolg im Stall und kommt den Fundamenten zugute. Wenn rangniedrige,
ältere Kühe hinzugebracht werden, hat das für alle Vorteile. Gerade in
Betrieben mit über 200 Kühen ist es gut machbar, solche Gruppen zu
gestalten - auch wenn es nur die ersten 100 in der ersten Laktation
sind. Auch hat es uns gelehrt, dass Überbelegung eine Katastrophe ist
für die Gliedmaßgesundheit. Eine Belegung von über 90 Prozent hat einen
deutlichen Anstieg bei den Klauenleiden zur Folge. Tiere, die in den
Stallungen Stufen von 20 Zentimetern Höhe und mehr steigen müssen, haben
erheblich mehr mit Klauenproblemen zu tun.
Rundum der Partus wird der Grundstein gelegt für
die Klauengesundheit. Die Hinterhand weicht, wie bekannt, 14 Tage vor
der Geburt auf. Diese Phase ist erst Wochen danach vorbei. In den
Hornschuhen weichen die Bänder auch ein wenig auf, und das Klauenbein
sinkt ein wenig mehr in das Fettpolster. Auf hartem Boden wird so das
Polster stellenweise ein wenig zur Seite gedrückt und gequetscht. Diese
gefährliche Periode dauert zirka vier bis sechs Wochen – währenddessen
ist anzuraten, dem Tier einen weichen Boden anzubieten. Ein positiver
Effekt zeigt sich in den Betrieben, wo die Kalbenden mindestens vier
Wochen auf Stroh verweilen. Meistens sind die Strohbuchten in der Nähe
vom Melkstand und verursachen deshalb keinen großen Aufwand beim Melken.
Positive Auswirkungen hat der Festmist, der als Dünger nicht
unterschätzt werden sollte. |
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Eine saubere Strohbucht, in der die Frischgekalbten bis zu vier
Wochen verweilen können.
(Foto Pijl)
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Modern ist es heute in den Liegebuchten und auf
der Lauffläche Kalk in unterschiedlichen Formen zu streuen. Damit soll
der Keimdruck verringert werden. Auch wenn das so wäre, ist für die
Klauen doch ein Problem. Kalk trocknet den Hornschuh aus. Grundsätzlich
sollte der Hornschuh so flexibel wie möglich sein, um die stoßdämpfende
Funktion zu behalten. Eine verhärtete und spröde Schutzschicht ist dafür
nicht geeignet. Sobald sich eine Läsion im Sohlenbereich, oder
schlimmstenfalls auf der Dorsalwand zeigt, wird die leicht feuchte
Lederhaut mit Kalk benetzt. Da die geöffnete Haut immer feucht ist,
haftet der Kalk umso mehr. Die Heilung wird hierdurch stark
beeinträchtigt. Gerade bei der Dermatitis Digitalis zeigt sich eine
starke Verzögerung in der Heilung, wenn überhaupt eine Verbesserung zu
registrieren ist. Eher proliferiert die Haut und kann sich dadurch nicht
mehr schließen.
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Nach der Boxenpflege wird gern Kalk gestreut - für die Klauen ist
das nicht gerade positiv (Foto Pijl)
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Ein großes Übel sind zu kleine und vor allem zu
niedrige Liegebuchten. Diese sind in Laufe der Jahre nicht mit den Kühen
„gewachsen“. Zu schmale und zu kurze Boxen sind etwas weniger schlecht
als zu niedrige. Dort hat die Kuh beim Aufstehen Schmerzen im
Schulterbereich. Das merkt sie sich und weiß: Wenn ich wieder aufstehe,
wird es wahrscheinlich wieder wehtun. Somit bleibt sie länger mit den
Vorderbeinen in der Liegebucht stehen. Gleichzeitig erfährt sie eine
Entlastung im Bauch, für die Hinterbeine ist das aber eine enorme
Belastung. Der Klauenwinkel ist extrem in der Zehenspitze belastet und
das Klauenbein kantet ein wenig im Hornschuh. Im vorderen Drittel der
Sohlenfläche ist kein Fettpolster vorhanden. Das Klauenbein drückt
direkt auf die Lederhaut. Diese ist wiederum direkt verbunden mit dem
Sohlenhorn. Länger zu stehen bedeutet also, dass die Tiere weniger als
die erwünschten ihre 12 bis 14 Stunden am Tag liegen. |
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Bild: Klauen 05: Ein viel zu niedriger Nackenriegel für die
Kuh-Größe (Foto Pijl)
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Fazit:
Leider sind die Ursachen für Klauenleiden
umfangreich und komplex. Die Haltungsform als Hauptverursacher wird den
ersten Platz allerdings nicht verlieren. Auch die Fütterung ist ein
umfangreiches Thema: Kuhgerechte Fütterung wird in der modernen
Hochleistungszeit schwer zu umzusetzen sein. Die Zucht hat eine hohe
Leistung gebracht mit relativ heftigen Konsequenzen für die Gliedmaßen
und negativen Folgen für die Klauenstellung und Gesundheit. Der Mensch,
als Helfer, ist der Aufgabe leider nicht immer gewachsen, die Kuh
„klauenfit“ fürs Leben zu machen. Der Stellenwert von Platz vier steigt
rapide bis an Platz zwei der Einflussfaktoren.
Die Managementfaktoren sind, wenn sie erkannt
werden, zu beheben und/oder zu verringern.
Schlussregel: Eine
lahme Kuh legt sich nicht hin, lässt sich aber „fallen“.
Autor:
René Pijl Bilder: René
Pijl
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