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Der Praktiker berichtet über
„45 Jahre Kühe beobachten“
 
Einleitung

Eine kurze Beschreibung zu meiner Person: Verrückt nach Kühen. Anfang der siebziger Jahre ausgebildet zum Landwirtschaftsmeister. Gleich im Anschluss „infiziert“ von Dr. Egbert Toussaint Raven, die Klauen der Kühe zu lieben und zu schätzen.
Die Zuchtänderung von der FH Kuh aus den Niederlanden zur HF Kuh mit allen Diskussionen habe ich bewusst erlebt.
Als Dienstleister habe ich die unterschiedlichsten Betriebe besucht, ein Drittel der Arbeitszeit hauptsächlich in den Niederlanden und die letzten zwei Drittel überwiegend in Deutschland.
Den Wandel von kleineren Milchviehbetrieben mit rund 40 Milchkühen, hin zu größeren mit über 300 Tieren und viel mehr, habe ich zwangsläufig erlebt.
Ich habe eine Entwicklung in der Mechanisierung observiert, die in keinem anderen Sektor so schnelllebig, breit und groß gewesen ist wie in der Landwirtschaft.
Während meines Arbeitslebens gab es eine durchschnittliche Leistungssteigerung pro Laktation von 4500 Litern zu 7600 Litern.
Eine Abgangsleistung von im Schnitt rund 20.000 bis 21.000 Litern gab es schon vor 45 Jahren.
Heute wird an der Marke von durchschnittlich 27.000 Litern gekratzt, in vielen Bundesländern sind es noch 1000 Liter weniger.

Nun möchte ich übergehen zu einer Auflistung meiner Erkenntnisse als Klauenpfleger - wenn auch in begrenzter Form - bezüglich der Veränderungen die sich, hauptsächlich an den Fundamenten, bei der HF- Kuh ergeben haben.
 
Entwicklung der Häufigkeit von Klauenerkrankungen bei Milchkühen

Seit 16 Jahren erfasse ich während meiner praktischen Arbeit als Klauenpfleger Daten über den Gesundheitsstatus an den Fundamenten. Hier ergibt sich ein Datenstamm von 128.000 Beobachtungen, alle von mir persönlich gemacht. 35.675 verschiedene Tiere, davon 23.008 Erstkalbinnen. Bitte relativieren Sie hier, wie hoch der Anteil der Erstkalbinnen ist. Die Remontierungsrate muss zwangsläufig sehr hoch sein, weil die Datenbank auf Herdenpflege basiert. Die Bandbreite umfasst 17 verschiedene Klauenleiden. Vor 45 Jahre gab es mindestens vier weniger. Zunächst ist für uns der Stand der Dinge bei Tieren ohne Befund wichtig.

Untere Zeile ist in Prozent wiedergegeben

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In den letzten 16 Jahren hat der Anteil der Tiere ohne einen Befund im Herdenschnitt der Betriebe stark abgenommen. Betrachtet man einzelne Betriebe, kam es in den letzten Jahren vor, dass regelmäßig nur ein bis drei Prozent der Tiere ohne Befund war.

Zusammengefasst: Es sind immer weniger Tiere, die während der (Bestands-) Klauenpflege keinen Befund zeigen. In Prozente sind über 16 Jahre 49% weniger Tiere während der Herdenpflege ohne Befund. Der Anteil an Erstkalbinnen bei der Herdenpflege ist mit 69,49 Prozent sehr hoch. Die Prävalenz bei mehreren Leiden steigt rapide. Bei die Pflegetermine zeigt sich immer öfter ein Mehrbefund.

Fettpolster im Hornschuh

Zwischen Klauenbein und Lederhaut befindet sich im hinteren Bereich der Sohlenfläche entlang der totalen Breite das Fettpolster - in einem gesunden, ausgewachsenen Zustand mit einer Stärke von ungefähr fünf Millimetern. Diese Schicht ist gerade für die Kühe in unserer modernen Haltungsform mehr als lebensnotwendig. Ohne sie würde das Tier nicht überleben können, weil das Klauenbein die Lederhaut dermaßen quetschen würde, dass die Kuh nicht mehr ohne Schmerzen laufen könnte und sich keine gesunde Sohlenfläche bilden würde.
Fettpolster Das Fettpolster ist eindeutig zu erkennen zwischen Klauenbein und Lederhaut.


Bildnachweis: Chr. Mülling
In den Lehrbüchern steht, dass unsere Kühe zusammen mit dem Abschluss der Knochenbildung in einem Alter von drei Jahren und zwei Monaten auch den Fettpolster-Aufbau abschließen.
Die Ernüchterung: die HF Kuh schafft es erst in einem Alter von vier Jahren. (Paul Greenough) Für manches Tier steht die dritte Laktation schon an oder ist schon in Arbeit. Für sehr viele ist die Leistungsperiode schon (länger) abgeschlossen. Im Klartext: Sie sind schon tot.
Übertragen auf uns Menschen würden alle jungen Frauen in einem Alter von 12 bis 14 Jahren ein Kind gebären. Und anschließend in die Vollzeitarbeit mit Höchstleistung einsteigen.
Hinzu kommt in vielen Betrieben die sehr hohe Abgangsrate von Erstkalbinnen. Viele Tiere schaffen es nicht, ein komplettes Fettpolster im Hornschuh aufzubauen, bevor sie beim Schlachter landen.
Man kann sich leicht vorstellen, dass das Körperfett nach dem Abkalben schnell einschmilzt, wenn es überhaupt vorhanden ist. Im selben Zug wird auch für ein Teil das Fett im Hornschuh in Anspruch genommen. Ist dies der Fall, wird sich das Fett nicht wiederaufbauen. Gleichzeitig kommt es zum Stillstand beim Aufbau dieses für unsere Kuh lebensnotwendigen Körperteils. Obwohl es für viele Tiere noch mal kein richtiger Abschluss des Aufbaus gegeben hat.

Zusammengefasst: Unsere Jungtiere steigen sehr oft viel zu jung und explosiv in die Milchleistung ein. Sie bauen zu schnell Fett ab, welches noch nicht mal in der Endphase der Entwicklung ist. Wenn sie über ihren BCS überhaupt in der Lage sind, Fett abzubauen. Ist der Fettaufbau im Hornschuh abgeschlossen, sind schon 60 bis70 Prozent der Tiere nicht mehr in der Herde. Wie kann ein Tier, das noch nicht damit fertig ist, den eigenen Körper aufzubauen, Hochleistung bringen und gleichzeitig an sich selbst „arbeiten“?
 

Enges Becken - erhöhtes Risiko für Oberschenkelekzeme

Oberschenkelekzeme sind ein Phänomen, welches wir schon länger kennen. Gerade Tiere mit einem schmalen Becken und einem ausgeprägten Euter sind schnell betroffen. Die für viele Betriebe zwangsläufige Jahresstallhaltung spielt bei diesem Leiden eine entscheidende Rolle.

Oberschenkelekzem  Ein Oberschenkelekzem bringt
nicht nur Schmerzen, es gefährdet auch die Klauengesundheit.


(Foto Pijl)

Wenn ein Tier von dem Leiden betroffen ist, hinterlässt dieses seine Spuren oft an den beiden äußeren Hinterklauen. Wegen der Schmerzen und einem klammen Gefühl probiert die Kuh, ein wenig Luft zwischen Euter und Gliedmaßen zu lassen. Deshalb probiert sie über Kniegelenke und Sprunggelenke die Gliedmaßen nach außen zu bewegen. Mit einem starren Punkt in der Hüfte. Als Folge verlagert sie Gewicht auf die beiden äußeren Hinterklauen, welche sowieso schon mehr belastet werden. Vom Absenken des Klauenbeins rundum den Partus mit allen Konsequenzen will ich gar nicht erst beginnen.

Zusammengefasst: Ein enges Kreuz/Becken und ein ausgeprägtes Euter können unter Umständen große Probleme beim Geläuf der Kuh verursachen. Die beiden äußeren Hinterklauen werden schwer beansprucht und überbelastet.
 
Weiche Fessel - Überbelastung der Ballen

Es ist grundsätzlich bekannt, dass die HF-Kuh darauf hin gezüchtet wurde, etwas weicher in den Fesseln zu sein. Dies bringt einen sanften Gang und ist unbedingt schöner anzusehen, als eine steile Klaue und ein unflexibler Gang. Man spricht auch von einem sehr steifen Gang.
Der Klauenwinkel wird kleiner bei einer weichen Fessel. Die Länge der Klaue verändert sich nicht, aber die Sohle wird länger. Wenn das Tier mit seinen Hinterbeinen beim Laufen den Boden berührt, tritt es allerdings als erstes mit dem hinteren Drittel der kompletten Sohlenfläche auf. Besser gesagt, sie prallen auf die Erde. Gemeint sind das Ballenhorn und der hintere Teil der Sohlenfläche. Unter dem Übergang der beiden befinden sich die Lederhaut und darunter das Tuberculum Flexorium - der Vorsprung am hinteren unteren Klauenbein. Danach wickelt sich die Auftrittsfläche nach vorne ab. Früher meinte man, dass beim Landen die ganze Sohle auf den Boden „fällt“. Im Fettpolster bildet sich leicht ein Loch. Und das hat Folgen. Ist das Fettpolster an der Stelle schon gelöchert, wird es sich nicht wieder schließen können. Ist die volle Stärke noch nicht erreicht, weil das Tier noch jung ist und/oder zu viel und zu schnell „eingeschmolzen“, steigt das Risiko, lahm zu werden. Und lahm zu bleiben. Auch tausend Klötze unter den inneren Klauen lösen das Problem nicht, weil das Polster sich nicht wieder schließen kann. Ganz zu schweigen davon, dass selbstverständlich beide Klauen an einem Unterfuß vom Schwund an Fettpolster betroffen sind.

Zusammengefasst: Ein weicher Gang bringt automatisch eine Verlagerung des Gewichts im Hornschuh in Richtung Ballenbereich. Das Risiko für Verletzungen der Lederhaut im Hornschuh steigt erheblich. Der Druck auf das Tuberculum Flexorium steigt und der hintere Rand vom Klauenbein schneidet scharf wie ein Messer in das Polster. Die Folge ist ein „Heel Ulcer“.
weiche Fessel Kalb
Ein extremer Fall von weichen Fesseln. Werden die Afterklauen beim Laufen den Boden berühren ist der Gang vom Tier untersagt.
(Foto Pijl)

Ein Kalb, 14 Tage alt.

(Foto Pijl)

 
Rotation der medialen Hinterklaue
mediale Klaue Wie am Euter zu erkennen, ein linkes Hinterbein mit einer medialen Klaue, die aus ihrer ursprünglichen „Solposition“ gerissen ist.  

(Foto Pijl)
Die Verdrehung der inneren Hinterklaue ist ein Phänomen, das sich in den letzten 30 Jahren stark verbreitet hat. Es gibt unterschiedliche Variationen: Von der Verdrehung der medialen Zehe bis zur verdrehten und vorstehenden medialen Zehe. In der Auswertung meiner Datenbank wird klar, dass es bestimmte Vater-Linien gibt, die entweder resistent oder nicht resistent gegen diese Anomalie sind.

Die Tabelle zeigt die Prävalenz der Pijl’schen Rotation der medialen Klaue bei Erstkalbinnen in Prozent, beobachtet in den Jahren 2000 bis 2016.

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7

3

2

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41

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64

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64

63

58

57

62

53

61


Die Tabelle zeigt die Prävalenz der Pijl’schen Rotation der medialen Hinterklaue in allen Altersgruppen in Prozent, beobachtet in den Jahren 2000 bis 2016.

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7

2

2

9

14

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24

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45

52

49

46

46

42

47

37

39


Der korrekt durchgeführte funktionelle Klauenschnitt im richtigen Alter von rund 22 Monaten Lebensalter kann dafür sorgen, dass die Natur mehrere Dispositionen wieder regeneriert.

Zusammengefasst: Die Pijl’sche Rotation der medialen Hinterklaue ist ein Phänomen, das sich in den letzten Jahrzehnten sehr stark verbreitet hat. Starke Verschiebungen in der Belastung der unterschiedlichen Zehen sind die Folge. Bestimmte väterliche Zuchtlinien begünstigen das Auftreten dieses Phänomens. Mit diesem Wissen hätte das Problem durch Zucht relativ leicht behoben werden können.
 
Das Tylom und seine Heritabilität
 
Tylom  Ein Tylom, das sehr ausgeprägt ist und nur mit einem sehr korrekten Klauenschnitt freigeschnitten werden kann. Wie man hier sieht, berührt es die beiden Klauen nicht.

(Foto Pijl)
Das Tylom, im Sprachgebrauch meisten nicht korrekt beschrieben als Limax, ist uns optisch ein Dorn im Auge. Wenn es aber nicht von den beiden Klauen gerieben wird, ist es für das Tier kein Hindernis, um unbeschwert weiterzuleben. Hier ist korrekte Klauenpflege notwendig, die leider nicht von jedem Pfleger durchgeführt wird.
Das Tylom ist nicht direkt körpereigen, sonst müssten alle Tiere in der freien Wildbahn dieses Phänomen haben. Schon vor hundert Jahren berichteten ältere Landwirte, es handele sich dabei um eine erbliche Klauenkrankheit. Heute können Daten schneller, einfacher und in großen Mengen gesammelt werden, wodurch diese These bestätigt wurde.
Aus der Tabelle kann man ablesen, dass hauptsächlich die Zucht hierfür verantwortlich gemacht werden kann. Bei unserer Haltungsform kommt für das Tier erschwerend hinzu, dass Dermatitis Digitalis des Öfteren mit diesem Leiden einhergeht und Lahmheit verursacht. Kommt auch noch die Zwischenzehenphlegmone ins Spiel, ist das Ausmaß dieses zusätzlichen Leidens noch gravierender.
Die erste horizontale Linie zeigt acht Bullenväter, darunter die Anzahl der Bullensöhne, die in der Zucht eingesetzt werden.

Folgende Tabelle zeigt uns unter Punkt 1 die Abkürzungen von acht Vaterlinien in der HF-Zucht. Punkt 2 zeigt die Anzahl der Söhne, die in der Zucht in meinem Praxisgebiet vertreten sind. Punkt 3 zeigt das beste Viertel mit der höchsten Resistenz gegen die Rotation der medialen Hinterklaue. Die mittlere Hälfte zeigt uns Zeile 4. Zeile 5 gibt die niedrigste Resistenz gegen das Leiden wieder. Werden Zeile 3-4-5 zusammengezählt, kommen wir auf die Zahl aus Zeile 2.
Bei den Bullen der Linie P mit Söhnen ist eine sehr hohe Resistenz zu erwarten. Dafür sind L2 und J schwerer betroffen. Werden die Linien noch enger geführt, wird vor allem die niedrige Resistenz viel ausgeprägter.
P und A sind Halb-Brüder. S und R sind Halb-Brüder. S und R sind wiederum Söhne von A.

1

Code Bullenl.

B

P

L1

A

S

R

L2

J

2

Anzahl der

Söhne/Bulle

30

27

19

20

24

27

23

23

3

Beste 25%:

Hohe

Resistenz

6

26

15

6

16

4

2

1

4

Mit.l.

Hälfte

15

1

3

11

7

17

13

12

5

Schlechteste 25%: niedr.

Resistenz

9

0

1

3

1

6

8

10


Zusammengefasst:
Das Tylom ist für uns ein optisches Problem, welches für das Tier zu einer bedeutenden gesundheitlichen Einschränkung werden kann. (Klauen-) Pfleger und auch Veterinäre, sind leider nicht immer in der Lage, hier ausreichende „Entlastung“ zu schaffen. Die Tabelle zeigt die Zusammenhänge bei bestimmten väterlichen Zuchtlinien. Die Erblichkeit ist mit über 30 Prozent im Gegensatz zu anderen Klauenleiden extrem hoch und der Höchste.
Zusammengefasst: Das Tylom ist für uns ein optisches Problem, welches für das Tier zu einer bedeutenden gesundheitlichen Einschränkung werden kann. (Klauen-) Pfleger und auch Veterinäre, sind leider nicht immer in der Lage, hier ausreichende „Entlastung“ zu schaffen. Die Tabelle zeigt die Zusammenhänge bei bestimmten väterlichen Zuchtlinien. Die Erblichkeit ist mit über 30 Prozent im Gegensatz zu anderen Klauenleiden extrem hoch und der Höchste.
 
BCS und seine Folgen

Klauengesundheit und BCS (Body Condition Score) haben einen Zusammenhang. Jahrelang waren bei den Landwirten Kühe gefragt, die viel Milch geben und wenig Fleisch ansetzen. Die HF-Kuh war die Lösung. Die Frage bezüglich der Körperkondition und der Klauengesundheit ähnelt der nach dem Huhn und dem Ei: Wird die Kuh lahm und verliert dadurch an Kondition? Oder verliert die (HF-) Kuh an Kondition und wird nach einer gewissen Zeit lahm? Für mich ist die letzte Option schon seit vielen Jahren die richtige Antwort. 
BSC 1,5 

Ein BCS von 1,5.



(Foto Pijl)
 
Die Grundregel für eine optimale Körperkondition lautet: Bei 100 Tagen in der laufenden Laktation sollte die Kuh einen BCS von 2,75 aufweisen. Der empfohlene Spielraum zum Einschmelzen in diesen ersten hundert Tage beträgt maximal 0,75. Somit sollte die Kuh rund um die Kalbung einen BCS von 3,50 aufweisen. Leider müssen wir in der Praxis feststellen, dass ein sehr großer Anteil der Betriebe und Tiere diesen Wünschen bei weitem nicht entsprechen. Der Tabelle entsprechend sind es 82,10% der Tiere welche unter dem Sollwert, nehmen wir 2,75 an, liegen. 
BSC unter 3,5  Dieses Tier hat einen BCS
von unter 3,5 

Foto Pijl)
 

BCS

Anzahl Tiere

In Prozente

≤ 1.50

322

0.99

   1.75

595

0.96

   2.00

320

0.84

   2.25

179

0.71

   2.50

175

0.68

   2.75

183

0.58

   3.00

149

0.51

   3.25

94

0.48

   3.50

102

0.43

≥ 3.75

42

0.28

 
Einfluss der Körperkondition (Body Condition Score) auf die Inzidenz von
Klauenerkrankungen (Least-Squares-Mittelwerte)
(Korrigiert für die Einflüsse: Betriebs-Besuchszeitpunkt, Laktationsnummer,
Abstand des Besuchs von der Kalbung; n = 2162 Erstbefunde mit BCS-Score)

Einfluss ist hochsignifikant P = ≤ 0.01


Mehrere Untersuchungen in praktischen Betrieben zeigen bei einer Kondition von über 3,50 nach der Abkalbung keine negativen Aspekte. Für die Klauengesundheit gibt es eine positive Korrelation bei besserer Körperkondition.
 
BSC 4,5  Score 4,5 BCS gibt es auch bei einer Leistung von 9.500 Litern.

(Foto Pijl)
 
 

Zusammengefasst:
Unumstritten ist der BCS der Kuh verbunden mit ihrer Klauengesundheit. Bessere BCS bedeuten gesündere Fundamente. Die Grenze bewegt sich im Schnitt bei 2,75 bis 3.00 bei einer korrekten Einstufung. Der Sollwert von 2,75 wird nur von knapp 18% von N erreicht.
 
Die Schwänze können nicht nur wedeln, sondern auch „reden“.

Schon längere Zeit bin ich auf der Suche nach einer einfachen und relativ schnellen Einstufung der Klauengesundheit. Ohne die Beine hochnehmen zu müssen und viel Zeit und Energie aufzuwenden. Da der Schwanz ebenso wie die Hintergliedmaßen als Körperendorgan gesehen werden kann, kam die Idee, dort eine Verbindung zu suchen.
Nach der Meldung aus der Praxis, dass sich viele Kühe den Schwanz verletzen und dies als „Technopathie“ abgetan wird, sind wir der Sache auf den Grund gegangen.
Liegt eine Verletzung durch Auftreten, Spaltenschieber oder Spaltenroboter vor, sind häufig nur seitlich des Schwanzes Verletzungen sichtbar. Meistens ist nach einigen Tagen eine Entzündung mit eitrigem Sekret zu sehen. 
verletzer Schwanz  Ein verletzter und entzündeter Schwanz, der auf der linken Seite einen gesunden Status zeigt.  

(Foto Pijl)
  
Nun ist es selbstverständlich so, dass bei der Stallhaltung mehr Schwanzverletzungen vorkommen können. In der freien Wildbahn und in einem gesunden Zustand kann die Kuh ihren Schwanz beim Ablegen automatisch an den Körper ziehen. In vielen Betrieben sind hierbei Abweichungen festzustellen, das Endorgan hängt oftmals auf den Spalten. Das Tier ist nicht in der Lage, seinen Schwanz unter sich zu ziehen und so in Sicherheit zu bringen. Dieser Reflex lässt sich einfach über den Pumpengriff überprüfen. Ist alles gesund, wird das Tier, sobald ich es etwas unterhalb des Schwanzansatzes anfasse, den Rücken krümmen und den Schwanz anziehen.
Wenn der Reflex nicht mehr vorhanden ist, sind mehrere Veränderungen auf der Haut zu erkennen nachdem die Haare geschnitten sind. Zum Beispiel in Form von kreisrunden, enthaarten Stellen, die sich häufig auf den letzten 10 bis 30 Zentimetern des Endes befinden. Der „Schlauchschwanz“ kommt sehr häufig vor, auch enthaarte Schwanzenden sind keine Ausnahme mehr, um nur ein paar Beispiele zu nennen.
 
Spitze fällt bald ab 

Der erste Ring, gesehen vom Schwanzende, ist kurz davor, die Spitze abfallen zu lassen. Der zweite Ring wird bald folgen.  

(Foto Pijl)
  

 
Die Forschung nach dem Zusammenhang zwischen Klauengesundheit und den Veränderungen am Schwanz steckt noch in den Kinderschuhen. Denkbar wäre es, weil beides mit der Ernährung der Lederhaut zu tun hat. Kommen aus Gründen wie schlechter Verdauung oder Problemen mit dem Bluttransport durch die Gefäße zu wenig notwendige Bestandteile an, wird das Tier in Laufe der Zeit die Konsequenzen spüren. Die Frage bleibt: Wer war zuerst da, das Ei oder das Huhn? Alles deutet heute darauf hin, dass wir es zuerst mit einer Veränderung am Schwanz zu tun haben. Weitere Langzeituntersuchungen sollen hierüber Ausschluss geben. Gerade in Bezug auf das Ausmaß von Veränderung und Leiden. Die nächste Frage, mit der wir uns beschäftigen: Welcher Zusammenhang besteht zur BCS? Es gibt drei Kriterien, die aller Wahrscheinlichkeit nach miteinander verknüpft werden können. Nur nicht gewusst wann.  
 
Verbindung Schwanz Klaue  Die Verbindung vom kranken Schwanz zur kranken Klaue scheint nahe zu liegen 

(Foto Pijl)
  
Zusammengefast: Der Schwanz und die Klauen können als Körperendorgane gesehen werden. Die Verdauung scheint hier die Hauptrolle zu spielen. Besser gesagt, wie viele und im welchen Zustand kommen notwendige Nährstoffe in die Endgefäße an. Der Schwanz ist wahrscheinlich ein „Vorzeichen“ für den Gesundheitsstatus der Fundamente an den Hintergliedmaßen. Je kränker der Schwanz, desto kränker die Klauen. Wir alle haben bisher wohl „falsch“ über die Ursachen einer Schwanzläsion gedacht. 
 
Es wäre einfach, sagen zu können: Abweichungen am Schwanz läuten Klauenleiden ein!

Fazit: Die HF-Kuh steht heute im Fokus der Betrachtung, ohne etwas dafür zu können. Der Landwirt hat sich eine Kuh mit viel Milch gewünscht. Hinsichtlich der Laktation ist das gelungen. Betrachtet man jedoch die durchschnittlichen Abgangsleistungen, sind diese ein wenig ernüchternd. Das durchschnittliche Lebensalter ist in den letzten Jahrzehnten bundesweit gesunken.
Die Rotation der medialen Hinterklaue wird von bestimmten väterlichen Blutlinien geprägt.
Die BCS kann negative Auswirkungen auf die Klauengesundheit haben. Über 80% der HF-Kühe liegt unter der BCS-Sollwert von 2.75. Die weichen Fesseln mit den niedrigen Trachten scheinen anatomisch betrachtet keine gute Einheit mit dem Geläuf der Kuh zu bilden.
Tylome sind sehr gut über die Zucht zu beeinflussen, auch wenn das bis jetzt nicht immer gelungen ist.
Neue Erkenntnisse über den Zusammenhang zwischen Schwanz, Verdauung und Klauengesundheit ermöglichen frühzeitigere Behandlungen.

Zum Schluss möchte ich ihnen zwei Veröffentlichungen aus der letzten Zeit vorlegen.
In Kurzform wird hier alle zwei Monate Grundwissen vermittelt, von dem ich immer angenommen hatte, dass es grundsätzlich in der Rinderhaltung vorhanden sei.
Auch hier gehe ich auf, nach meinem Wissensstand, weniger gelungene Ergebnisse für die Fundamente des Tiers ein.



Der Kuh zu Liebe verbleibe ich in einer konstruktiven Diskussion.

Ihr
René Pijl
 
Text: René Pijl
Grammatische Korrektur: Anna Inden
Auswertung der Datenbank: H. Swalve
Bilder: René Pijl

Den Artikel können Sie sich hier als PDF - Datei herunterladen.  
René Pijl . Klauenpfleger Meister . Fischershäuser 1 . 26441 Jever . E-Mail: r.pijl@t-online.de . Telefon: 04461-6863 . Fax: 04461-6988