Klauenfäule gehört nach dem Zwischenzehenphlegmone zu einer der meist infektiösen
Klauenleiden. Die verantwortlichen Erreger sind die zwei Bakterien Fusobacterium Necrophorum
und Bacteriodes Nodosus. Beide halten sich auf in der Darmflora des Einzeltieres. Über den
Kot ausgeschieden sind sie gerade im modernen Laufstall als Haltungsform eine Bedrohung
für die Klauen. Hier sind die Tiere gezwungen, sich auf einer Lauffläche zu bewegen, welche
belegt ist mit Kot aus ihren eigenen Därmen, aber was noch viel schlimmer ist, auch mit Kot
der anderen Tiere. Da die Kuh beim Laufen keine Ausweichmöglichkeit auf eine nicht verschmutzte
Fläche hat, ist die Klaue bei jedem Auftritt der Gefahr ausgesetzt, in einem verdreckten Umfeld
aufzusetzen. Die unbehaarte und damit ungeschützte Zwischenklauenhaut wird dadurch erheblich
beansprucht. Da der Kot beim Ausscheiden eine relativ hohe (Körper-)Temperatur hat und
öfter in einer dunklen Umgebung „landet“, wo wenig Luftbewegung herrscht, sind die
Bedingungen wie in einem Brutkasten und daher ideal, um den Krankheitsdruck zu erhöhen.
Fäule ist typische Stallkrankheit
Die Klauenfäule ist eine typische Stallkrankheit, die auf der Wiese nicht vorkommt. Es sei
denn, eine sehr lange feuchte Periode auf der Wiese liegt hinter den Tieren. Beobachtet man
die Kuh in der freien Wildbahn, kann man feststellen, dass sie nie in einen Haufen
Kot treten wird. Das Bein wird immer auf einer sauberen Stelle am Boden landen, sofern
es diese Stellen gibt. Nur wenn die Kühe getrieben werden und nicht vor sich sehen können,
um die Lauffläche im Auge zu behalten, weil sie zu nah an ihren Vorgängerinnen
laufen, treten die Tiere schon mal in (ihren) Kot.
Tiere mit gutem Immunsystem erkranken seltener an Klauenfäule, und auch die körperliche
Verfassung gerade bei den etwas korpulenteren Kühen scheint eine positive Rolle zu spielen.
Der Verlauf der Krankheit zeigt ein Aufweichen der Zwischenklauenhaut, der Haut öffnet
sich unsichtbar für das Auge und die Eintrittspforte ist geschaffen. Die Bakterien toben
sich aus in der Haut, wo es wiederum warm, dunkel und feucht ist. Landet während
dieses Vorgangs das Fusobacterium Necrophorum unter der Haut, ist in vielen Fällen
ein Zwischenzehenphlegmone zu erwarten. Also kann die Fäule ein Vorläufer sein für
eine zweite Krankheit, gerade wenn das Tier keine Resistenz gegen alle Stämme
(es gibt neun verschiedene Stämme des Fusobacterium Necrophorum) aufgebaut hat.
Die zweite Stufe des Leidens spielt sich nach ungefähr drei Wochen nach
Entstehen der Erkrankung ab.
BU: Die erste Phase der Fäule an der ungeschützten Zwischenzehenhaut.
Eine nasse und aufgeweichte Zwischenklauenhaut mit dem typischen weißen Belag. (Foto Pijl)
Die Bakterien wandern in Richtung des Ballengebietes und fressen sich einen Weg
zwischen das Ballenhorn und das Sohlenhorn. Es entstehen V-förmige Riefen.
Nach gewisser Zeit verhärtet sich das gelöste Sohlenhorn und verursacht eine
zusätzliche Gefahr durch heftigen Druck, ausgelöst durch die ausgetrocknete
und dadurch harte Sohle, die auf ein relativ weiches Ballenhorn drückt.
Ballenhorn wird nie dicker als ungefähr fünf Millimeter und hat eine weiche
Struktur, welche sich im Gegensatz zum Sohlenhorn nicht verdickt bei
Beanspruchung. Der Ballen an sich schwillt an, eine Entzündung im
Fettgewebe entsteht.
Erste Abhilfe bringt der Klauenschnitt
Der einzige Weg, Abhilfe zu schaffen ist zunächst die Klauen zu beschneiden und das Ballengebiet
gerade wenn dies schon geschwollen ist so zu beschneiden, dass beim Auftreten der Boden nicht
berührt wird. Hierzu bietet sich das 5-Punkte-Schema bestens an. Dieses Schema ist zu finden
unter www.rene-pijl.de sowie in der letzten Ausgabe der „Tiergesundheit aktuell“.
Ein anderes Hauptkriterium ist, die Ränder am Übergang vom gelösten Horn ausreichend
auszudünnen. Sie sollten nach dem Beschneiden unter leichtem Fingerdruck nachgeben.
Die Schwellung in den Ballen wird sich, wenn keine Belastung mehr stattfindet, in kürzester
Zeit wieder zurückbilden. Da der Ballen aus Fettgewebe besteht kann mit einer antibiotischen
Therapie kein oder nur ein sehr geringer Erfolg zu erwarten sein, weil hier keine Durchblutung
stattfindet wie im Fleisch und den Organen. Wenn die Haut einen nassen Belag zeigt, welcher
nach Fäulnis riecht, sollte man ihn trocknen und mit einem antibiotischen Spray einsprühen.
Ganz wichtig: Diese Unterfußerkrankung kann tödlich für die betroffenen Kühe
verlaufen, wenn sie nicht rechtzeitig und korrekt erkannt und therapiert wird. Es gibt kein
anderes Klauenleiden, dass so viele Todesfälle verursacht.
Folgekrankheiten bei einer zu späten Behandlung gibt es in Form der schon angesprochenen
Zwischenzehenphlegmone und Klauensohlengeschwüre. Eine schlechte Eigenschaft der
Erkrankung ist das Anregen des Wachstums vom Sohlenhorn. Hierdurch wird sich mehr
Sohlenhorn gerade an der typischen Stelle in der Sohle bilden und der Druck auf die Lederhaut
an dieser Stelle wird extrem erhöht. Ein Sohlengeschwür ist vorprogrammiert, wenn nicht
innerhalb einiger Wochen nach den ersten Anzeichen eingegriffen wird in Form eines
Klauenschnitts. Die antibiotische Spritze kann hier keine Verbesserung bringen, weil einerseits
der Druck auf der Lederhaut im Hornschuh und anderseits das Aufhalten der Bakterien in
nicht durchbluteten Hornschichten keine Wirkung haben kann. Also ist Handarbeit gefragt.
Ist der Unterfuß schon angeschwollen wegen eines Klauengeschwürs, sollte die Therapie
in Form der Entlastung der erkrankten Klaue belaufen werden. Der Schnitt weicht ab
von dem Entlastungsschnitt bei der Fäule. Liegt auch ein Zwischenzehenphlegmone
vor, ist dieses zu bekämpfen über eine rasche Behandlung mit einer antibiotischen
Spritze, immer in Absprache mit dem Hofveterinär.
Vorbeugende Maßnahmen gibt es in Form von Hygiene in der direkten Umgebung der Tiere.
Die Temperatur in den Stallgebäuden sollte so niedrig wie möglich gehalten werden. Frische
Luft ist unentbehrlich. Der Einfluss von Licht ist nicht zu unterschätzen. Weidegang schafft
Abhilfe, weil hier alle Bedingungen optimaler sind. Nicht nur gegen die Erkrankung, sondern
die Tiere zeigen mehr Bewegungsaktivität auf der Weide, was wiederum eine erhöhte
Abwehr im Tier als Folge hat. Die Frage nach einem Klauenbad kann schnell geklärt werden:
Vorbeugend ist es keine Lösung. Nur wenn die Krankheit in der Zwischenklaue sitzt, also
in den ersten drei Wochen der Erkrankung, kann mit bestimmten Mitteln gebadet werden.
Die richtigen Maße des Klauenbades und der richtige Einsatz des entsprechenden Mittels
sind wichtig. Ist ein Faktor in der Kette nicht richtig, kann die Maßnahme schon nichts
mehr bringen. Wird zum Beispiel erst in der zweiten Hälfte des Winters angefangen
mit dem Baden oder wenn schon die V-förmigen Riefen zu erkennen sind, führt dies
zu nichts oder sogar zu einer Verschlechterung. Wäre es so einfach wie oft
gepriesen, hätten wir doch mit Sicherheit nicht mehr die Probleme, die wir jetzt haben.
Der Gesetzgeber hat sich hier auch eingemischt und das mit Berechtigung.
Er lässt wenig Freiraum über den Einsatz verschiedener Mittel. Eine gute
Alternative ist das Schneebad.
BU: Wenn sich die Möglichkeit bietet die Tiere mehrere Tage über einigen Stunden
im Schnee spazieren zu lassen ist es die beste Alternative zum Fußbad.