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Der Praktiker berichtet über „45 Jahre Kühe beobachten“ |
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Einleitung
Eine kurze
Beschreibung zu meiner Person: Verrückt nach Kühen. Anfang
der siebziger Jahre ausgebildet zum Landwirtschaftsmeister.
Gleich im Anschluss „infiziert“ von Dr. Egbert Toussaint
Raven, die Klauen der Kühe zu lieben und zu schätzen.
Die
Zuchtänderung von der
FH Kuh aus den
Niederlanden zur HF Kuh mit allen Diskussionen habe ich
bewusst erlebt.
Als Dienstleister habe ich die
unterschiedlichsten Betriebe besucht, ein Drittel der
Arbeitszeit hauptsächlich in den Niederlanden und die
letzten zwei Drittel überwiegend in Deutschland.
Den Wandel von kleineren
Milchviehbetrieben mit rund 40 Milchkühen, hin zu größeren
mit über 300 Tieren und viel mehr, habe ich zwangsläufig
erlebt. Ich
habe eine Entwicklung in der Mechanisierung observiert, die
in keinem anderen Sektor so schnelllebig, breit und groß
gewesen ist wie in der Landwirtschaft.
Während meines Arbeitslebens gab es
eine durchschnittliche Leistungssteigerung pro Laktation von
4500 Litern zu 7600 Litern.
Eine Abgangsleistung von im Schnitt
rund 20.000 bis 21.000 Litern gab es schon vor 45 Jahren.
Heute wird an der Marke von
durchschnittlich 27.000 Litern gekratzt, in vielen
Bundesländern sind es noch 1000 Liter weniger.
Nun möchte ich
übergehen zu einer Auflistung meiner Erkenntnisse als
Klauenpfleger - wenn auch in begrenzter Form - bezüglich der
Veränderungen die sich, hauptsächlich an den Fundamenten,
bei der HF- Kuh ergeben haben. |
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Entwicklung der Häufigkeit von
Klauenerkrankungen bei Milchkühen
Seit 16 Jahren
erfasse ich während meiner praktischen Arbeit als
Klauenpfleger Daten über den Gesundheitsstatus an den
Fundamenten. Hier ergibt sich ein Datenstamm von 128.000
Beobachtungen, alle von mir persönlich gemacht. 35.675
verschiedene Tiere, davon 23.008 Erstkalbinnen. Bitte
relativieren Sie hier, wie hoch der Anteil der Erstkalbinnen
ist. Die Remontierungsrate muss zwangsläufig sehr hoch sein,
weil die Datenbank auf Herdenpflege basiert. Die Bandbreite
umfasst 17 verschiedene Klauenleiden. Vor 45 Jahre gab es
mindestens vier weniger. Zunächst ist für uns der Stand der
Dinge bei Tieren ohne Befund wichtig.
Untere Zeile ist in Prozent
wiedergegeben
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16
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21
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In den letzten
16 Jahren
hat der Anteil der Tiere
ohne einen Befund
im Herdenschnitt der Betriebe stark
abgenommen. Betrachtet man einzelne Betriebe, kam es in den
letzten Jahren vor, dass regelmäßig nur ein bis drei Prozent
der Tiere ohne Befund war.
Zusammengefasst: Es
sind immer weniger Tiere, die während der (Bestands-)
Klauenpflege keinen Befund zeigen. In Prozente sind über 16
Jahre 49% weniger Tiere während der Herdenpflege ohne
Befund. Der Anteil an Erstkalbinnen bei der Herdenpflege ist
mit 69,49 Prozent sehr hoch. Die Prävalenz bei mehreren
Leiden steigt rapide. Bei die Pflegetermine zeigt sich immer
öfter ein Mehrbefund.
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Fettpolster im Hornschuh
Zwischen
Klauenbein und Lederhaut befindet sich im hinteren Bereich
der Sohlenfläche entlang der totalen Breite das Fettpolster
- in einem gesunden, ausgewachsenen Zustand mit einer Stärke
von ungefähr fünf Millimetern. Diese Schicht ist gerade für
die Kühe in unserer modernen Haltungsform mehr als
lebensnotwendig. Ohne sie würde das Tier nicht überleben
können, weil das Klauenbein die Lederhaut dermaßen quetschen
würde, dass die Kuh nicht mehr ohne Schmerzen laufen könnte
und sich keine gesunde Sohlenfläche bilden würde.
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Das Fettpolster ist eindeutig zu
erkennen zwischen Klauenbein und Lederhaut.
Bildnachweis:
Chr. Mülling
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In den Lehrbüchern steht, dass unsere Kühe
zusammen mit dem Abschluss der Knochenbildung in einem Alter von drei
Jahren und zwei Monaten auch den Fettpolster-Aufbau abschließen.
Die Ernüchterung: die HF Kuh
schafft es erst in einem Alter von vier Jahren. (Paul Greenough) Für
manches Tier steht die dritte Laktation schon an oder ist schon in
Arbeit. Für sehr viele ist die Leistungsperiode schon (länger)
abgeschlossen. Im Klartext: Sie sind schon tot.
Übertragen auf uns Menschen würden alle jungen
Frauen in einem Alter von 12 bis 14 Jahren ein Kind gebären. Und
anschließend in die Vollzeitarbeit mit Höchstleistung einsteigen.
Hinzu kommt in vielen Betrieben die sehr hohe
Abgangsrate von Erstkalbinnen. Viele Tiere schaffen es nicht, ein
komplettes Fettpolster im Hornschuh aufzubauen, bevor sie beim
Schlachter landen.
Man kann sich leicht vorstellen, dass das
Körperfett nach dem Abkalben schnell einschmilzt, wenn es überhaupt
vorhanden ist. Im selben Zug wird auch für ein Teil das Fett im
Hornschuh in Anspruch genommen. Ist dies der Fall, wird sich das Fett
nicht wiederaufbauen. Gleichzeitig kommt es zum Stillstand beim Aufbau
dieses für unsere Kuh lebensnotwendigen Körperteils. Obwohl es für viele
Tiere noch mal kein richtiger Abschluss des Aufbaus gegeben hat.
Zusammengefasst:
Unsere Jungtiere steigen sehr oft viel zu jung und explosiv in die
Milchleistung ein. Sie bauen zu schnell Fett ab, welches noch nicht mal
in der Endphase der Entwicklung ist. Wenn sie über ihren BCS überhaupt
in der Lage sind, Fett abzubauen. Ist der Fettaufbau im Hornschuh
abgeschlossen, sind schon 60 bis70 Prozent der Tiere nicht mehr in der
Herde. Wie kann ein Tier, das noch
nicht damit fertig ist, den eigenen Körper aufzubauen, Hochleistung
bringen und gleichzeitig an sich selbst „arbeiten“?
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Enges Becken - erhöhtes
Risiko für Oberschenkelekzeme
Oberschenkelekzeme sind ein
Phänomen, welches wir schon länger kennen. Gerade Tiere mit einem
schmalen Becken und einem ausgeprägten Euter sind schnell betroffen. Die
für viele Betriebe zwangsläufige Jahresstallhaltung spielt bei diesem
Leiden eine entscheidende Rolle.
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Ein Oberschenkelekzem bringt
nicht nur Schmerzen, es
gefährdet auch die Klauengesundheit.
(Foto Pijl)
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Wenn ein Tier von dem Leiden betroffen ist,
hinterlässt dieses seine Spuren oft an den beiden äußeren Hinterklauen.
Wegen der Schmerzen und einem klammen Gefühl probiert die Kuh, ein wenig
Luft zwischen Euter und Gliedmaßen zu lassen. Deshalb probiert sie über
Kniegelenke und Sprunggelenke die Gliedmaßen nach außen zu bewegen. Mit
einem starren Punkt in der Hüfte. Als Folge verlagert sie Gewicht auf
die beiden äußeren Hinterklauen, welche sowieso schon mehr belastet
werden. Vom Absenken des Klauenbeins rundum den Partus mit allen
Konsequenzen will ich gar nicht erst beginnen.
Zusammengefasst:
Ein enges Kreuz/Becken und ein ausgeprägtes Euter können unter Umständen
große Probleme beim Geläuf der Kuh verursachen. Die beiden äußeren
Hinterklauen werden schwer beansprucht und überbelastet.
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Weiche Fessel - Überbelastung der Ballen
Es ist grundsätzlich bekannt,
dass die HF-Kuh darauf hin gezüchtet wurde, etwas weicher in den Fesseln
zu sein. Dies bringt einen sanften Gang und ist unbedingt schöner
anzusehen, als eine steile Klaue und ein unflexibler Gang. Man spricht
auch von einem sehr steifen Gang.
Der Klauenwinkel wird kleiner bei einer weichen
Fessel. Die Länge der Klaue verändert sich nicht, aber die Sohle wird
länger. Wenn das Tier mit seinen Hinterbeinen beim Laufen den Boden
berührt, tritt es allerdings als erstes mit dem hinteren Drittel der
kompletten Sohlenfläche auf. Besser gesagt, sie prallen auf die Erde.
Gemeint sind das Ballenhorn und der hintere Teil der Sohlenfläche. Unter
dem Übergang der beiden befinden sich die Lederhaut und darunter das
Tuberculum Flexorium - der Vorsprung am hinteren unteren Klauenbein.
Danach wickelt sich die Auftrittsfläche nach vorne ab. Früher meinte
man, dass beim Landen die ganze Sohle auf den Boden „fällt“. Im
Fettpolster bildet sich leicht ein Loch. Und das hat Folgen. Ist das
Fettpolster an der Stelle schon gelöchert, wird es sich nicht wieder
schließen können. Ist die volle Stärke noch nicht erreicht, weil das
Tier noch jung ist und/oder zu viel und zu schnell „eingeschmolzen“,
steigt das Risiko, lahm zu werden. Und lahm zu bleiben. Auch tausend
Klötze unter den inneren Klauen lösen das Problem nicht, weil das
Polster sich nicht wieder schließen kann. Ganz zu schweigen
davon, dass selbstverständlich beide Klauen an einem Unterfuß vom
Schwund an Fettpolster betroffen sind.
Zusammengefasst:
Ein weicher Gang bringt automatisch eine Verlagerung des Gewichts im
Hornschuh in Richtung Ballenbereich. Das Risiko für Verletzungen der
Lederhaut im Hornschuh steigt erheblich. Der Druck auf das Tuberculum
Flexorium steigt und der hintere Rand vom Klauenbein schneidet scharf
wie ein Messer in das Polster. Die Folge ist ein „Heel Ulcer“.
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Ein extremer Fall von weichen
Fesseln. Werden die Afterklauen beim Laufen den Boden berühren ist der
Gang vom Tier untersagt. (Foto Pijl)
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Ein Kalb, 14 Tage alt.
(Foto Pijl)
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Rotation der medialen Hinterklaue |
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Wie am Euter zu erkennen, ein linkes
Hinterbein mit einer medialen Klaue, die aus ihrer ursprünglichen
„Solposition“ gerissen ist.
(Foto Pijl)
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Die Verdrehung der inneren Hinterklaue ist ein
Phänomen, das sich in den letzten 30 Jahren stark verbreitet hat. Es
gibt unterschiedliche Variationen: Von der Verdrehung der medialen Zehe
bis zur verdrehten und vorstehenden medialen Zehe. In der Auswertung
meiner Datenbank wird klar, dass es bestimmte Vater-Linien gibt, die
entweder resistent oder nicht resistent gegen diese Anomalie sind.
Die Tabelle zeigt die
Prävalenz der Pijl’schen Rotation der medialen Klaue bei
Erstkalbinnen in Prozent, beobachtet in den Jahren 2000 bis
2016.
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10
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12
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13
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14
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15
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16
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7
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3
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2
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13
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27
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28
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41
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57
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64
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68
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64
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63
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58
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57
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62
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53
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61
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Die Tabelle zeigt die
Prävalenz der Pijl’schen Rotation der medialen Hinterklaue in allen
Altersgruppen in Prozent, beobachtet in den Jahren 2000 bis 2016.
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16
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7
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2
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2
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9
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14
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15
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24
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36
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45
|
52
|
49
|
46
|
46
|
42
|
47
|
37
|
39
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Der korrekt durchgeführte
funktionelle Klauenschnitt im richtigen Alter von rund 22 Monaten
Lebensalter kann dafür sorgen, dass die Natur mehrere Dispositionen
wieder regeneriert.
Zusammengefasst: Die Pijl’sche
Rotation der medialen Hinterklaue ist ein Phänomen, das sich in den
letzten Jahrzehnten sehr stark verbreitet hat. Starke Verschiebungen in
der Belastung der unterschiedlichen Zehen sind die Folge. Bestimmte
väterliche Zuchtlinien begünstigen das Auftreten dieses Phänomens. Mit
diesem Wissen hätte das Problem durch Zucht relativ leicht behoben
werden können.
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Das Tylom und seine Heritabilität
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Ein Tylom, das sehr ausgeprägt ist und nur mit
einem sehr korrekten Klauenschnitt freigeschnitten werden kann. Wie man
hier sieht, berührt es die beiden Klauen nicht.
(Foto Pijl)
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Das Tylom, im Sprachgebrauch meisten nicht korrekt
beschrieben als Limax, ist uns optisch ein Dorn im Auge. Wenn es aber
nicht von den beiden Klauen gerieben wird, ist es für das Tier kein
Hindernis, um unbeschwert weiterzuleben. Hier ist korrekte Klauenpflege
notwendig, die leider nicht von jedem Pfleger durchgeführt wird.
Das Tylom ist nicht direkt körpereigen, sonst
müssten alle Tiere in der freien Wildbahn dieses Phänomen haben. Schon
vor hundert Jahren berichteten ältere Landwirte, es handele sich dabei
um eine erbliche Klauenkrankheit. Heute können Daten schneller,
einfacher und in großen Mengen gesammelt werden, wodurch diese These
bestätigt wurde. Aus der
Tabelle kann man ablesen, dass hauptsächlich die Zucht hierfür
verantwortlich gemacht werden kann. Bei unserer Haltungsform kommt für
das Tier erschwerend hinzu, dass Dermatitis Digitalis des Öfteren mit
diesem Leiden einhergeht und Lahmheit verursacht. Kommt auch noch die
Zwischenzehenphlegmone ins Spiel, ist das Ausmaß dieses zusätzlichen
Leidens noch gravierender.
Die erste horizontale Linie zeigt acht
Bullenväter, darunter die Anzahl der Bullensöhne, die in der Zucht
eingesetzt werden.
Folgende Tabelle zeigt uns unter Punkt 1 die
Abkürzungen von acht Vaterlinien in der HF-Zucht. Punkt 2 zeigt die
Anzahl der Söhne, die in der Zucht in meinem Praxisgebiet vertreten
sind. Punkt 3 zeigt das beste Viertel mit der höchsten Resistenz gegen
die Rotation der medialen Hinterklaue. Die mittlere Hälfte zeigt uns
Zeile 4. Zeile 5 gibt die niedrigste Resistenz gegen das Leiden wieder.
Werden Zeile 3-4-5 zusammengezählt, kommen wir auf die Zahl aus Zeile 2.
Bei den Bullen der Linie P mit Söhnen ist eine
sehr hohe Resistenz zu erwarten. Dafür sind L2 und J schwerer betroffen.
Werden die Linien noch enger geführt, wird vor allem die niedrige
Resistenz viel ausgeprägter.
P und A sind Halb-Brüder. S und R sind
Halb-Brüder. S und R sind wiederum Söhne von A.
1
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Code Bullenl.
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B
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P
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L1
|
A
|
S
|
R
|
L2
|
J
|
2
|
Anzahl der
Söhne/Bulle
|
30
|
27
|
19
|
20
|
24
|
27
|
23
|
23
|
3
|
Beste 25%:
Hohe
Resistenz
|
6
|
26
|
15
|
6
|
16
|
4
|
2
|
1
|
4
|
Mit.l.
Hälfte
|
15
|
1
|
3
|
11
|
7
|
17
|
13
|
12
|
5
|
Schlechteste 25%:
niedr.
Resistenz
|
9
|
0
|
1
|
3
|
1
|
6
|
8
|
10
|
Zusammengefasst:
Das Tylom ist für uns ein
optisches Problem, welches für das Tier zu einer bedeutenden
gesundheitlichen Einschränkung werden kann. (Klauen-) Pfleger und auch
Veterinäre, sind leider nicht immer in der Lage, hier ausreichende
„Entlastung“ zu schaffen. Die Tabelle zeigt die Zusammenhänge bei
bestimmten väterlichen Zuchtlinien. Die Erblichkeit ist mit über 30
Prozent im Gegensatz zu anderen Klauenleiden extrem hoch und der
Höchste.
Zusammengefasst: Das Tylom ist für uns ein optisches Problem, welches
für das Tier zu einer bedeutenden gesundheitlichen Einschränkung werden
kann. (Klauen-) Pfleger und auch Veterinäre, sind leider nicht immer in
der Lage, hier ausreichende „Entlastung“ zu schaffen. Die Tabelle zeigt
die Zusammenhänge bei bestimmten väterlichen Zuchtlinien. Die
Erblichkeit ist mit über 30 Prozent im Gegensatz zu anderen Klauenleiden
extrem hoch und der Höchste. |
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BCS und seine Folgen
Klauengesundheit und BCS (Body
Condition Score) haben einen Zusammenhang. Jahrelang waren bei den
Landwirten Kühe gefragt, die viel Milch geben und wenig Fleisch
ansetzen. Die HF-Kuh war die Lösung. Die Frage bezüglich der
Körperkondition und der Klauengesundheit ähnelt der nach dem Huhn und
dem Ei: Wird die Kuh lahm und verliert dadurch an Kondition? Oder
verliert die (HF-) Kuh an Kondition und wird nach einer gewissen Zeit
lahm? Für mich ist die letzte Option schon seit vielen Jahren die
richtige Antwort. |
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Ein BCS von 1,5.
(Foto Pijl)
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Die Grundregel für eine optimale Körperkondition lautet: Bei 100 Tagen
in der laufenden Laktation sollte die Kuh einen BCS von 2,75 aufweisen.
Der empfohlene Spielraum zum Einschmelzen in diesen ersten hundert Tage
beträgt maximal 0,75. Somit sollte die Kuh rund um die Kalbung einen BCS
von 3,50 aufweisen. Leider müssen wir in der Praxis feststellen, dass
ein sehr großer Anteil der Betriebe und Tiere diesen Wünschen bei weitem
nicht entsprechen. Der Tabelle entsprechend sind es 82,10% der Tiere
welche unter dem Sollwert, nehmen wir 2,75 an, liegen. |
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Dieses Tier hat einen BCS
von unter 3,5
Foto Pijl)
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BCS
|
Anzahl Tiere
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In Prozente
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≤ 1.50
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322
|
0.99
|
1.75
|
595
|
0.96
|
2.00
|
320
|
0.84
|
2.25
|
179
|
0.71
|
2.50
|
175
|
0.68
|
2.75
|
183
|
0.58
|
3.00
|
149
|
0.51
|
3.25
|
94
|
0.48
|
3.50
|
102
|
0.43
|
≥ 3.75
|
42
|
0.28
|
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Einfluss der Körperkondition (Body Condition
Score) auf die Inzidenz von
Klauenerkrankungen (Least-Squares-Mittelwerte)
(Korrigiert für die Einflüsse:
Betriebs-Besuchszeitpunkt, Laktationsnummer,
Abstand des Besuchs von der Kalbung; n = 2162
Erstbefunde mit BCS-Score)
Einfluss ist hochsignifikant P
= ≤ 0.01
Mehrere Untersuchungen in
praktischen Betrieben zeigen bei einer Kondition von über 3,50 nach der
Abkalbung keine negativen Aspekte. Für die Klauengesundheit gibt es eine
positive Korrelation bei besserer Körperkondition.
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Score 4,5 BCS gibt es auch bei einer Leistung
von 9.500 Litern.
(Foto Pijl)
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Zusammengefasst:
Unumstritten ist der BCS der Kuh
verbunden mit ihrer Klauengesundheit. Bessere BCS bedeuten gesündere
Fundamente. Die Grenze bewegt sich im Schnitt bei 2,75 bis 3.00 bei
einer korrekten Einstufung. Der Sollwert von 2,75 wird nur von knapp 18%
von N erreicht. |
Die Schwänze können nicht nur wedeln,
sondern auch „reden“.
Schon längere Zeit bin ich auf
der Suche nach einer einfachen und relativ schnellen Einstufung der
Klauengesundheit. Ohne die Beine hochnehmen zu müssen und viel Zeit und
Energie aufzuwenden. Da der Schwanz ebenso wie die Hintergliedmaßen als
Körperendorgan gesehen werden kann, kam die Idee, dort eine Verbindung
zu suchen. Nach der
Meldung aus der Praxis, dass sich viele Kühe den Schwanz verletzen und
dies als „Technopathie“ abgetan wird, sind wir der Sache auf den Grund
gegangen. Liegt eine
Verletzung durch Auftreten, Spaltenschieber oder Spaltenroboter vor,
sind häufig nur seitlich des Schwanzes Verletzungen sichtbar. Meistens
ist nach einigen Tagen eine Entzündung mit eitrigem Sekret zu sehen.
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Ein verletzter und entzündeter Schwanz, der
auf der linken Seite einen gesunden Status zeigt.
(Foto Pijl)
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Nun ist es selbstverständlich so, dass bei der
Stallhaltung mehr Schwanzverletzungen vorkommen können. In der freien
Wildbahn und in einem gesunden Zustand kann die Kuh ihren Schwanz beim
Ablegen automatisch an den Körper ziehen. In vielen Betrieben sind
hierbei Abweichungen festzustellen, das Endorgan hängt oftmals auf den
Spalten. Das Tier ist nicht in der Lage, seinen Schwanz unter sich zu
ziehen und so in Sicherheit zu bringen. Dieser Reflex lässt sich einfach
über den Pumpengriff überprüfen. Ist alles gesund, wird das Tier, sobald
ich es etwas unterhalb des Schwanzansatzes anfasse, den Rücken krümmen
und den Schwanz anziehen.
Wenn der Reflex nicht mehr vorhanden ist, sind
mehrere Veränderungen auf der Haut zu erkennen nachdem die Haare
geschnitten sind. Zum Beispiel in Form von kreisrunden, enthaarten
Stellen, die sich häufig auf den letzten 10 bis 30 Zentimetern des Endes
befinden. Der „Schlauchschwanz“ kommt sehr häufig vor, auch enthaarte
Schwanzenden sind keine Ausnahme mehr, um nur ein paar Beispiele zu
nennen. |
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Der
erste Ring, gesehen vom Schwanzende, ist kurz davor, die Spitze abfallen
zu lassen. Der zweite Ring wird bald folgen.
(Foto Pijl)
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Die Forschung nach dem Zusammenhang zwischen Klauengesundheit und den
Veränderungen am Schwanz steckt noch in den Kinderschuhen. Denkbar wäre
es, weil beides mit der Ernährung der Lederhaut zu tun
hat. Kommen aus Gründen wie schlechter Verdauung oder Problemen mit dem
Bluttransport durch die Gefäße zu wenig notwendige Bestandteile an, wird
das Tier in Laufe der Zeit die Konsequenzen spüren. Die Frage bleibt:
Wer war zuerst da, das Ei oder das Huhn? Alles deutet heute darauf hin,
dass wir es zuerst mit einer Veränderung am Schwanz zu tun haben.
Weitere Langzeituntersuchungen sollen hierüber Ausschluss geben. Gerade
in Bezug auf das Ausmaß von Veränderung und Leiden. Die nächste Frage,
mit der wir uns beschäftigen: Welcher Zusammenhang besteht zur BCS? Es
gibt drei Kriterien, die aller Wahrscheinlichkeit nach miteinander
verknüpft werden können. Nur nicht gewusst wann. |
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Die Verbindung vom kranken Schwanz zur kranken
Klaue scheint nahe zu liegen
(Foto Pijl)
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Zusammengefast: Der Schwanz und die Klauen können als
Körperendorgane gesehen werden. Die Verdauung scheint hier die
Hauptrolle zu spielen. Besser gesagt, wie viele und im welchen Zustand
kommen notwendige Nährstoffe in die Endgefäße an. Der Schwanz ist
wahrscheinlich ein „Vorzeichen“ für den Gesundheitsstatus der Fundamente
an den Hintergliedmaßen. Je kränker der Schwanz, desto kränker die
Klauen. Wir alle haben bisher wohl „falsch“ über die Ursachen einer
Schwanzläsion gedacht. |
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Es wäre einfach, sagen zu können:
Abweichungen am Schwanz läuten Klauenleiden ein!
Fazit: Die
HF-Kuh steht heute im Fokus der Betrachtung, ohne etwas dafür zu können.
Der Landwirt hat sich eine Kuh mit viel Milch gewünscht. Hinsichtlich
der Laktation ist das gelungen. Betrachtet man jedoch die
durchschnittlichen Abgangsleistungen, sind diese ein wenig ernüchternd.
Das durchschnittliche Lebensalter ist in den letzten Jahrzehnten
bundesweit gesunken. Die
Rotation der medialen Hinterklaue wird von bestimmten väterlichen
Blutlinien geprägt. Die
BCS kann negative Auswirkungen auf die Klauengesundheit haben. Über 80%
der HF-Kühe liegt unter der BCS-Sollwert von 2.75. Die weichen Fesseln
mit den niedrigen Trachten scheinen anatomisch betrachtet keine gute
Einheit mit dem Geläuf der Kuh zu bilden.
Tylome sind sehr gut über die Zucht zu
beeinflussen, auch wenn das bis jetzt nicht immer gelungen ist.
Neue Erkenntnisse über den Zusammenhang zwischen
Schwanz, Verdauung und Klauengesundheit ermöglichen frühzeitigere
Behandlungen.
Zum Schluss möchte ich ihnen zwei
Veröffentlichungen aus der letzten Zeit vorlegen.
In Kurzform wird hier alle zwei Monate Grundwissen
vermittelt, von dem ich immer angenommen hatte, dass es grundsätzlich in
der Rinderhaltung vorhanden sei.
Auch hier gehe ich auf, nach meinem Wissensstand,
weniger gelungene Ergebnisse für die Fundamente des Tiers ein.
Der Kuh zu
Liebe verbleibe ich in einer konstruktiven Diskussion.
Ihr
René Pijl
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Text: René Pijl
Grammatische Korrektur: Anna Inden
Auswertung der Datenbank: H. Swalve
Bilder: René Pijl
Den Artikel können Sie sich
hier als PDF - Datei herunterladen.
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