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Tylom

Klauengesundheit
Die Zwischenklauenwulst ist oft eine Folgekrankheit. Meist wird sie durch eine Zwischenklauenphlegmone ausgelöst. Sie sieht nicht schön aus und die Kuh kann sich gegebenenfalls nicht richtig bewegen.


Die Zwischenklauenwulst ist ein häufig betriebsspezifisches Klauenleiden (siehe auch „Klinisches Bild der Zwischenklauenwulst“). Hierbei ist die Zwischenklauenhaut betroffen und kann in extremen Fällen zu Lahmheiten führen. Besonders dann, wenn sich in dieses Leiden ein anderes wie Dermatitis Digitalis oder Zwischenzehenphlegmone einnistet. In den meisten Fällen ist es eine Folgekrankheit, die sich aus einer Zwischenzehenphlegmone entwickelt. Der Zusammenhang mit Laminitis (Klauenrehe) wird noch untersucht.

Häufig stört sich der Besitzer an der Zwischenklauenwulst, da sie nicht schön aussieht. So wird sie eher zu einem Leiden der Landwirte und weniger zu dem des Tieres. Meistens ist die Erkrankung harmlos und die Tiere können schmerzfrei funktionieren. Zumindest dann, wenn ein entlastender Klauenschnitt und eine eventuelle Therapie vorgenommen werden. Hierbei stehen mehrere Behandlungsmethoden zur Verfügung.



Abb. 1: Dorsalwandansicht mit einem guten Freiraum für das Tyloma. Die häufigste Form, bei der das Tyloma mehr oder weniger "frei" zwischen den beiden Klauen hängt.



Klinisches Bild der Zwischenklauenwulst
Die Zwischenklauenhaut ist der einzige unbehaarte Teil der Haut einer Kuh. Er ist also ungeschützt und zudem äußerst empfindlich. Gerade dieser Körperteil befindet sich in der modernen Rinderhaltung fast dauerhaft in Kot und Schmutz. Im Fachjargon wird die Zwischenklauenwulst „Pododermatis Hyperplasia“ genannt. Dies bedeutet frei übersetzt: ein überaktives Wachstum der Haut am Fuß im Zwischenzehenbereich. Weitere Begriffe, die häufig benutzt werden, sind: Lymax, Zwischenklauenwucherung und Tyloma. Der von den Experten genutzte Begriff Tyloma (Tylom) bezeichnet die Lokalisation der Hautwucherung zwischen den beiden Zehenendorganen der Gliedmaßen.



Abb. 2: Das Tyloma klebt mehr oder weniger an einer Klaue.

Meiner Datensammlung mit über 49000 Tieren zeigt, dass 7,5 Prozent der Milchkühe und 2,9 Prozent der Erstkalbinnen betroffen sind. Der Grundstein wird also bereits bei den jüngeren Tieren gelegt. Relativ viele Färsen bekommen ein Zwischenzehenphlegmone – einem Auslöser der Zwischenklauenwulst – sobald sie in die Milchkuhherde gebracht werden.

Besonders häufig sieht man in den Beständen zwei Verletzungen dieses Bereichs: Im ersten Fall hängt die gewucherte Hautfalte mehr oder weniger zwischen den beiden Klauen (siehe Abbildung 1). Im zweiten Fall hängt sie nicht mittig im Zwischenklauenspalt, sondern ist näher an eine der Klauen positioniert (siehe Abbildung 2). Diese Variante kommt sehr häufig in Kombination mit Laminitis (Klauenrehe) vor. Möglich wäre hier ein Zusammenhang mit einer kranken Lederhaut, die im Hornschuh geschwächt ist und die neben liegende (Zwischenklauen-) Haut in Mitleidenschaft gezogen hat.

Auch die Zucht scheint eine wesentliche Rolle zu spielen. Mein Datenbank zeigt, dass der züchterische Einfluss genauso groß ist wie der von Laminitis, Dermatitis Digitalis und Rotation der Innere Hinterklaue.


Ein sauberer Schnitt
Um der Zwischenklauenwulst vorzubeugen, sollte man die Kühe vor einer Infektion mit der Zwischenklauenphlegmone (Panaritium) schützen. So werden keine Entzündungen über Verletzungen verursacht. Wenn ein Tier dennoch betroffen ist, muss die notwendige Therapie so schnell wie möglich eingeleitet werden. Hier zählt jede Stunde. Zusätzlich zu der notwendigen antibiotischen Spritze, ist es empfehlenswert das betroffene Bein hochzunehmen und es mit einem antibiotischen Spray einzusprühen. Über den Hofveterinär zu beziehen. Die Zwischenklauenhaut sollte sich so schnell wie möglich wieder schließen. Tiere mit einem Zwischenzehenphlegmone dürfen für mindestens 24 Stunden nicht in die Herde. Da sie sonst als „Streuer“ fungieren.

Ein Tyloma ist eine Hautwucherung. Unter Reibung verschlimmert sich dieses Leiden. Bei Ruhe wird sich die Wucherung wieder auf bis zu 50 Prozent seiner Größe zurückbilden. Ein korrekter Klauenschnitt ist die erste und wichtigste Handlung. Angefangen wird mit dem fünf Punkteschema.

Das Arbeitschema der funktionellen Klauenpflege erweitert um einen zusätzlichen Schnitt im axialen Zwischenzehenbereich. Die Hohlkehlung sollte so weit wie möglich heraus genommen und die eventuellen axialen Wände im Zwischenzehenbereich weiter verdünnt werden (siehe auch Abbildung 3). Achtung: Diese Wände haben eine Stärke von fünf Millimetern. Hiervon können an beiden Seiten unter normale Bedingungen 2,5 bis drei Millimeter weggenommen werden.

Ein weiterer orthopädischer Schnitt ist zu empfehlen. Der Klauenstellung kann über das Beschneiden der Sohlenflächen erheblich beeinflusst werden. Soll ein breiterer Zwischenklauenspalt entstehen, so dass das Tyloma weniger oder nicht mehr berührt wird, müssen an beiden abaxialen Zehenspitzenbereichen die Auftrittsflächen abgesenkt werden (siehe Abbildung 4).



Abb. 3: Die axiale Wände sind
zusätzlich über eine Dicke von
2,5 bis 3 mm weggenommen.




Abb. 4: Soll ein breiterer Zwischenklauenspalt entstehen, so dass das Tyloma weniger oder nicht mehr berührt wird, müssen an die beiden abaxialen Zehenspitzenbereichen die Auftrittsflächen abgesenkt werden.

Ab auf die Weide
Eine zweite, relativ einfache Behandlungsmethode ist der Weidegang. Betroffene Tiere, die in den Sommermonate kalben müssen, werden nach dem genannt Muster beschnitten und sechs bis acht Wochen auf die Weide getrieben. Die Tiere sollten 24 Stunden am Tag draußen beleiben. Ist eine trockene Periode gegeben, wird sich das Tyloma fast komplett zurückbilden und austrocknen. Auch bei nicht ganz trockenem Wetter, entwickelt es sich zurück, wenn auch nicht in der gleichen Größenordnung.




Verband anlegen
Bei der dritten Therapiemöglichkeit wird der genannte Klauenschnitt durchgeführt und einen Verband mit der Salbe „Novaderma“ angelegt. Dieses Medikament ist verschreibungspflichtig und in Absprache mit dem Hoftierarzt zu beziehen. Wurde die Klaue geschnitten und ist die Zwischenklauenhaut trocken, sollte die betroffene Stelle zunächst mit einem OTC- oder CTC-Spray (Blauspray) eingesprüht werden. Danach wird der Verband mit der Salbe angelegt. Nach drei Tage wird der Verband abgenommen. Die Kuh muss jetzt mindestens eine Tag ohne Verband laufen. Daraufhin wird die gleiche Prozedur wiederholt bis das Tyloma ausgetrocknet ist. In der Regel dauert dieser Vorgang einige Wochen

– mit einer 100-prozentigen Erfolgsquote.

Die Spraymethode mit OTC oder CTC fordert pro Behandlung weniger Zeit, nimmt aber einen längeren Zeitraum in Anspruch. Jeden zweiten Tag muss das Bein des Tieres hochgenommen, gereinigt, getrocknet und besprüht werden. Meistens lässt sich das Bein mit der Hand hochnehmen und das Tier braucht nicht in den Klauenstand. Nachteil ist der etwas längere Zeitraum, hat sich aber auf dem Tyloma eine Dermatitis Digitalis eingenistet, ist diese garantiert auch therapiert. Es kommt hier zu keiner Milchsperre, da das Medikament nicht am Euter angewandt wird. Die Therapie sollte so lange durchgeführt werden bis die Wucherung ganz ausgetrocknet ist. Danach ist nach ungefähr drei Wochen der ausgetrocknete Hautlappen aus der Zwischenzehenbereich zu entfernen.



Abb. 5: Material welche gebraucht
wird für eine eventuelle Therapie des Tylom. Das Betäubungsmittel fällt
unter das Betäubungsmittelgesetz. Also vorbehalten am Tierarzt.


Zum Messer greifen
Als letzte Behandlungsmethode bleibt noch der chirurgische Eingriff. Gerne und häufig wird das Tyloma operativ entfernt. Mal mit mehr Geschick, mal weniger. Diese Behandlung geht mit viel Blutverlust einher, denn eine Wucherung im Gewebe fordert eine starke Ernährung und damit eine hohe Blutzufuhr. Die Stärke der Blutung hängt dabei nicht davon ab, wie geübte eine Person ist.

Grundsätzlich ist dieser Eingriff ausschließlich unter örtliche Betäubung erlaubt. Diese wiederum ist nur durch einen Tierarzt gestattet. Wird bei der Operation nicht die ganze Wucherung mit Wurzeln entfernt, wird sie innerhalb kürze Zeit wiederkehren und größer als vorher sein. Nachteilig ist, dass die Zwischenklauenhaut nach dem Eingriff nicht genäht werden kann. Die offene Wunde sollte daher für zehn bis 14 Tage bandagiert und mit einem Medikament behandelt werden. Auch hier muss der Verband alle drei Tage gewechselt werden – mit einer verbandlosen Zwischenzeit von 24 Stunden. Der Erfolgsquote dieser Therapie liegt allerdings unter 50 Prozent und wird daher heftig diskutiert.

Eine Alternative zur Operation ist das elektrische Messer. Das Messer wird elektrisch geheizt und brennt während des Schneidens die durchtrennte Blutgefässen zu.

Nicht zu empfehlen ist das Behandeln mit einem Lötkolben. Hier wird die bereits gereizte Zwischenklauenhaut zerstört. Die darunter liegenden Hautzellen, die für die Hautproduktion verantwortlich sind, werden in Mitleidenschaft gezogen und können keine gesunde Haut mehr produzieren..



Fazit
Das Tyloma ist eine Hautwucherung zwischen den Klauen am Unterfuß, die den Milchviehhalter häufig mehr stört als das Tier. Der züchterische Einfluss ist von wesentlicher Bedeutung. Sehr häufig ist der Auslöser eine Zwischenzehenphlegmone, die nicht richtig oder rechtzeitig therapiert wurde. Die Zwischenklauenwulst ist also eine Folgeerkrankung, für die mehrere Therapien denkbar sind – mit unterschiedlichen Behandlungserfolgen und Therapiedauern. Eine schnelle und gleichzeitig erfolgreiche Behandlung ist nicht denkbar. Tiere mit einer Zwischenklauenwulst können schmerzfrei und problemlos funktionieren, wenn einmal im halben Jahr ein profilaktischer korrekter Klauenschnitt durchgeführt wird.


René Pijl . Klauenpfleger Meister . Fischershäuser 1 . 26441 Jever . E-Mail: r.pijl@t-online.de . Telefon: 04461-6863 . Fax: 04461-6988