Klauengesundheit Nicht immer ist es sinnvoll einen Klauenklotz einzusetzen denn häufig reicht ein guter Klauenschnitt aus.
Klauenklötze bestehen aus Holz, Gummi oder Eisen. Das Material
hat dabei keinen Einfluss auf die Funktionalität des Klotzes. Ob das
Anbringen erfolgreich ist und das Tier mit der Prothese umgehen
kann, hängt stark vom Vorbereiten der betroffenen Klauen und der
Gestaltung des Klotzes ab.Wie schnell oder weniger schnell ein
Klotz angebracht wird, entscheidet nicht über den Erfolg des
Ergebnisses oder die Qualität der Therapie. Zu bedenken ist aber,
dass durch den Einsatz eines Klotzes auch negative Folgen
zurückbleibenkönnen. Ein Klauenklotz sollte daher unbedingt
nach maximal sechs Wochen entfernt oder ersetzt werden.
Die Klaue entlasten
Abb. 1: Eine gesunde Sohlenfläche. Die Kreise zeigen, wo verstärkt geschnitten
werden sollt, um die Höhe der Innenklaue positiv zu beeinflussen.
Abb. 2: Die Innenklaue ist nicht richtig vorbereitet. Der Klotz drückt in die
bereits entzündete Klaue. Druch diesen Druck ist die Klaue geschwollen
und die Kuh stellt ihr Bein nach außen. Dies erkennt man am
schräg abgelaufenenen Klotz.
Der Klauenklotz wurde entwickelt, da die noch gesunde Klaue am erkrankten Bein nicht in der Lage
war die erkrankte Klaue ausreichend zu entlasten. Die "funktionelle Klauenpflege" war zu diesem
Zeitpunkt noch nicht geboren. Man beurteilte noch nicht, ob über einen Klauenschnitt, eine innere
Hinterklaue "höher" geschnitten werden konnte. Dies wird erreicht in dem die innere (hinter) Klaue
im Zehenspitzenbereich etwas stärker reduziert wird, als im Ballenbereich
(siehe auch www.rene-pijl.de sowie Abbildung (1)).
Ist durch den Schnitt ein ausreichendes Entlasten der erkrankten Klaue nicht gewährleistet, kann einen
Klotz eingesetzt werden. Zu betrachten ist, dass der Klotz nichts über die richtige Therapie aussagt.
Übrigens ist es erstaunlich in wie vielen Fällen ein Klotz unnötig ist. Denn meistens kommt die Kuh
mit ihrer Klauenkrankheit klar, wenn das betroffene Bein korrekt beschnitten wurde. Zunächst kann
es vielleicht sinnvoller sein das Tier für einige Tage zu beobachten, um zu sehen, ob es mit seinem
Leiden klar kommt.
Ist dies nicht der Fall, kann nach einigen Tagen immer noch ein Klotz eingesetzt
werden. Ist der Klotz bereits angebracht und es wird dann festgestellt, dass die Kuh den Klotz nicht
benötigt oder nicht mit ihm umgehen kann, wird er meistens nicht mehr abgenommen - zum Schaden
der Kuh (siehe Abbildung (2)).
Abb. 3: Wird unter
einer Innenklaue ein Klotz
angebracht, verlagert sich
das Körpergewicht
auf das andere Bein
Zudem sollte die Biomechanik des Tieres betrachtet werden. Nimmt man die Vordergliedmaßen in Augenschein, bemerkt man, dass es an den Vorderklauen, trotz der höheren Gewichtsbelastung (60 % des Körpergewichtes), weniger Klauenleiden gibt. Dies rührt hauptsächlich daher, dass der Rumpf sehr flexibel zwischen den beiden Schulterblätter "hängt". Es besteht hier keine direkte Knochenverbindung zwischen Rumpf und Gliedmaßen. So entsteht für die Lederhaut im Hornschuh der Vorderklauen ein sehr nützlicher Stoßdämpfer. Durch diese Flexibilität nach oben und unten wird das Schwanken im Geläuf vorne nahezu auf Null reduziert. Wird die Biomechanik der Hintergliedmaßen betrachtet, sollte der Knochenaufbau beachtet werden (siehe Abbildung (3)). Durch die feste Knochenverbindung in den Hüftgelenken ist das Tier gezwungen beim Laufen sich schwankend zu bewegen, da das Becken links und rechts nicht hoch genommen werden kann. Die Winkelung der Hinterbeine kann nur einen kleinen Teil abfangen. Somit muss die Kuh ihr "Hinterteil" nach links und rechts schwanken lassen, wenn sie sich vorwärts bewegt. Dadurch entsteht ein starker und unregelmäßiger Druck. Diese beiden Faktoren regen das Wachstum in der Sohle an, vor allem an der äußere Hinterklaue. Fraglich ist, ob diese gereizte Haut, die die Schwielen (Hornhaut) produziert, auch die entsprechende Qualität aufweisen kann.
Schlag auf Schlag
Es ist also verständlich, dass die Außenklauen der Hintergliedmaßen öfter von einer Erkrankung
betroffen sind: Durch die schwankende Bewegung muss das Tier sich über die Außenklauen auf den
Beinen halten. Die inneren Hinterklauen werden für das Stehen des Tieres gebraucht und die äußeren
sind die Stabilisatoren.
Auch kann man sich vorstellen, dass die Außenklaue eines gesunden Beines Schläge abbekommt,
wenn ein Klotz am anderen Hinterbein angebracht ist. Es wird nämlich Körpergewicht verlagert zum
anderen noch gesundem Bein. Bei einer Kuh, die also ein schlechteres Bein hat, ist das andere
meistens auch nicht gesund. Es sollte daher bevor ein Klotz angebracht wird überlegt werden,
ob nicht das noch gesunde Bein, die zusätzliche Belastung auffangen kann.
Vorbereitung ist alles!
Abb. 4: Die kranke
Klaue - mit aufgerissenem
Kronensaum - ist über den
Klotz komplett entlastet.
Abb. 5: Ein hinten
offener Schuh. So steht der
Ballen nicht unter Druck.
Steht fest, dass durch einen Schnitt die erkrankte Klaue nicht ausreichend entlastet wird, kann überlegt
werden, ob das Anbringen eines Klotzes unter der gesunden Klaue sinnvoll ist.
Heutzutage ist die Auswahl der Klötze sehr groß: von der ursprünglichen Version mit einem
Zweikomponentenkleber über einen vorgefertigten Schuh für das Kontaktkleber-Verfahren bis zum
Nageln. Vom Prinzip her gibt es keinen Unterschied. Es handelt sich nur um verschiedene
Klebe-Befestigungsverfahren. Hat man sich nun für einen Klotz entschieden, muss die Klaue, welche
den Klotz tragen soll, vorbereitet werden.
Entscheidend beim Beschneiden ist die Länge der Klaue und die Trachtenhöhe. Es gilt nicht erst die
Trachtenhöhe zu entfernen und danach über den Klotz zu probieren die Höhe wieder zu erreichen.
Tipp: Die Spitze des Klotzes sollte auf keinen Fall vor der Spitze der Klaue liegen. Wird der Klotz ein
wenig weiter nach hinten in Richtung Ballen gesetzt, wird die Klaue steiler auftreten und damit an Höhe
gewinnen. Hierdurch wird der Ballenbereich der äußere Hinterklaue, der meistens von einer
Erkrankung betroffen ist, noch stärker entlastet (siehe Abbildung (4)).
Wichtig ist, dass ein von hinten offener Schuh entsteht (siehe Abbildung (5)). Der Ballen, mit seinem
weichen Horn, darf nicht unter Druck stehen. Das Ballenhorn ist sehr dünn (5 mm) und wird auch nicht
dicker. Der unflexible Klotz - auch wenn aus Gummi hergestellt - löst im weichen Horn des Ballens
allerdings einen Reiz aus. Das Ballenpolster schwillt an, ist nach einigen Tagen entzündet. Eine
Entzündung im Fettpolster entsteht und ist dann sehr schwierig wieder zu beruhigen.
Verband nur kurz anlegen Nach dem Beschneiden muss überlegt werden, ob ein Verband an der erkrankten Klaue erforderlich
ist. In die meisten Fälle, bei denen nach dem Beschneiden der Eiter schon ausgelaufen ist, wird kein
Verband benötigt. Angst, dass ohne Verband allerhand Keime eindringen, ist unbegründet.
Denn wenn bereits eine eiterige Entzündung vorliegt, können nicht noch mehr Keime eindringen.
Der Verband hat hingegen einige Nachteile: Er erhöht die kranke Klaue und kann so wieder
Druck auf die wunde Stelle ausüben. Ist die Wunde relativ frisch wird aus ihr noch für einige Tage
Wundwasser abgesondert.
Wird dies in dem Verband gesammelt, hat das einen negativen Einfluss auf die Heilung. Zusätzlich
haben Licht und Luftbewegung an der Wunde einen positiven Effekt. Durch einen Verband können
sie hier allerdings nicht wirken.
Wird ein Medikament aufgetragen, ist es meistens notwendig einen Verband anzulegen. Dieser sollte
aber spätestens nach drei Tage entfernt werden. Besondere Aufmerksamkeit muss Verbänden in den
Sommermonaten zukommen. Denn vor allem in der warmen Jahreszeit kann es unter dem Verband
sehr warm werden und sich so eine Brutstätte für Bakterien entwickeln. Generell gilt es den Klotz nach
spätestens sechs Wochen zu entfernen.
Gleichzeitig kann dann die erkrankte Klaue eventuell nach geschnitten und in Form gebracht werden.
Falls die Kuh dennoch für eine etwas längere Zeit einen Klotz benötigt, sollte ein neuer angebracht
werden. Ein weiterer Grund, der für das Abnehmen des Klotzes spricht, ist, dass er nicht in der Gülle
endet und so wieder in den Stoffkreislauf gelangt.
Problemauslöser Klotz
Abb. 6: Der Klotz ist
beim Anbringen zu weit nach
vorne gerutscht und der hintere
Klotzrand hat eine Entzündung
im Ballen hervorgerufen.
Abb. 7: Der Klotz ist
zu weit nach vorne gerutscht.
Der Kleber hat am Ballen seine
Spuren hinterlassen.
Die unterschiedlichen Klötze können eventuell auch zu Problemen führen. So zum Beispiel wenn
zwischen dem Ballen und dem hinteren Teil des Klotzes kein freier Spalt gegeben ist. Verschiedene
Klotzarten gewähren diesen freien Spalt nicht. Daher sollte für die einzelne Kuh der jeweils passende
Klotz ausgesucht werden.
Rutscht der Klotz während des Anbringens nach vorne in Richtung Klauenspitze, entsteht ein ähnliches
Problem wie bereits früher beschrieben (siehe Abbildung (6)). Der hinter Rand des Klotzes drückt in
den Ballen oder in den hinteren Bereich der Sohle. Dieser Teil der Klaue ist sensibel. Denn hier am
hinteren Ende der Sohlenfläche sitzt der Beugeknorren (Tuberculum Flexorium). Dieser ist eine Beule
am Klauenbein, unter der Lederhaut, die in vielen Fällen ein Klauensohlengeschwür verursachen kann.
Ist die Prothese zu weit in Richtung Zehenspitze angebracht, wird das Tier sein Bein weiter nach vorne
stellen und unter sich schieben. Nach einer gewissen Zeit wird daher ausschließlich der hintere Klotzteil
verschleißen und das Übel vergrößert sich (siehe Abbildung (7)). Die eine oder andere Kuh kann
manchmal nicht mit dieser neuen Beinstellung umgehen. Sie läuft schlecht. Hier sollte sofort geklärt
werden, ob die Prothese oder das Leiden ihr Problem ist. Löst der Klotz das Leiden aus, muss dieser
unverzüglich entfernt werden. Auch ein weicher Untergrund kann zu Schwierigkeiten führen.
Ein unsicherer Gang mit erhöhtem Risiko für Klotz und kranke sowie tragende gesunde Klaue ist die
Folge. So ist ein Klotz, wenn eine Kuh auf Stroh gehalten wird, meistens nicht mehr funktionsfähig.
Ebenso stellen auch Spaltenböden, in denen sich der Klotz in den Spalten verklemmen kann, ein Risiko
dar.
Im günstigsten Fall verliert der Klotz seine Haftung. Hierbei bleiben meistens keine Schäden zurück.
Ist der Kontakt größer, wird eine innere Verletzung der Klaue nicht ausbleiben. Auch ein ungerader
Untergrund, wie ein schlechter Pflasterweg, ruft einen sehr unsicheren Gang hervor, bei dem das Tier
langsamer gehen muss.
Kühe mit Klauenklötzen sollten nicht stürmisch getrieben werden. Sie müssen Gelegenheit haben sich
zu orientieren, um sichere Auftrittflächen zu finden. Da Kühe Fluchttiere sind, konzentrieren sie sich
beim Treiben auf die Flucht und nicht darauf, wo sie hintreten.
Fazit Bei Lahmheit einer Kuh sofort zum Klotz zu greifen, ist nicht die Lösung. Die Therapie liegt nicht im
Klotz, sondern in der Pflege der kranken Klaue. Welcher Klotz wann und zum welchem Tier passt, ist
nicht immer im Vorfeld zu bestimmen. Ganz auf Klötze zu verzichten, ist in der moderne
Rindviehhaltung nicht zu realisieren. Aber sie sollten mit Maß und Überlegung eingesetzt werden.
Der Klotz darf auf keinen Fall zum Mittel zum Vertuschen von Fehltherapie werden.
René Pijl . Klauenpfleger Meister . Fischershäuser 1 . 26441 Jever .
E-Mail: r.pijl@t-online.de. Telefon: 04461-6863 . Fax: 04461-6988