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Klauenfäule

Milder Winter fördert Klauenfäule
Bekannt ist die Krankheit unter den Namen Klauen- oder Ballenfäule. In der Fachliteratur steht sie unter Dermatitis interdigitalis. In Amerika wird gerne von Heel Horn Erosion gesprochen. Übersetzt man die niederländische Bezeichnung für die Krankheit frei ins Deutsche, so heißt sie "Stinkfuß". Dieser Ausdruck gereicht ihr zur Ehre, denn der typische Geruch erinnert an stinkenden Füßen. Man darf ihn aber nicht mit dem Geruch der Mortellaro’schen Krankheit verwechseln - dieser ist ein wenig süßlich.


Mehrwöchige Entwicklungsphase
Für die Klauenfäule sind zwei Bakterien verantwortlich: Bacteriodes Nedosus und Fusobacterium Necrophorum. Meistens scheiden die Tiere diese beiden Bakterien über den Kot aus und infizieren so sich selbst und ihre Artgenossinnen. Die Kuh ist also das "Trägertier" der Krankheit. Das eine Bakterium macht sich an der Zwischenzehenhaut breit und bereitet dem anderen Bakterium den Weg. Dieses kann sich nun am Ballenbereich entwickeln. Die erste Stufe der Erkrankung ist in der Zwischenzehenspalt zu finden (Abb. 1). Diese Phase, in der sich ein weißer nasser Belag (Excudat) bildet, dauert zwischen drei bis vier Wochen. Ein übeler Geruch, wie "Bundeswehrsocken", breitet sich aus. Im späteren Stadium nistet sich die Fäule am Übergang vom Ballenhorn zum Sohlenhorn ein (Abb. 2). Die so genannte "Taschenbildung" findet statt. Das Ballenhorn, das normalerweise eine stufenlose Verbindung mit dem Sohlenhorn aufzeigt, löst sich. Hier wird auch von "V-förmigen Hornfurchen" gesprochen. Der Vorgang dauert mehrere Wochen und das Ballenhorn, das sich vom Sohlenhorn gelöst hat, bildet eine härtere Schicht und reibt somit auf dem Ballen. Als Abwehr reagiert der Ballen mit einer Schwellung. Spätestens in diesem Stadium lahmt die Kuh.





Abb. 1: Die Zwischenklauenhaut ist mit
einem Belag überzogen.


Abb. 2: Das Sohlenhorn, das sich über das
Ballenhorn schiebt, ist durch Beschneiden
entfernt worden. Die dunkle Linie ist der
Übergang von Sohlen- zu Ballenhorn
auf der Lederhaut.


Ist die Krankheit auf der Lederhaut, am Übergang von Ballen- und Sohlenhorn - also im inneren Bereich des Hornschuhs - angekommen, entsteht die nächste Folgekrankheit: Das Klauensohlengeschwür an der typischen Stelle öffnet seine Pforten (Abb. 3). Ein ebenso typisches Merkmal der Fäulekrankheit ist, dass das Wachstum des Sohlenhorns besonders angeregt wird. Dies geschieht hauptsächlich an der hinteren Außenklauen. Hierdurch entsteht eine noch stärkere Belastung der Lederhaut in der Klaue und es wird noch schneller ein Klauengeschwür hervorgerufen. In der ersten Entwicklungsphase der Fäule ist darauf zu achten, dass das Fusobacterium Necrophorum für die Zwischenzehen-Phlegmone - im Volksmund besser bekannt als Panaritium - mitverantwortlich ist. Das Bakterium vermehrt sich rasant, wenn es sich unter der Lederhaut befindet. Es ist vorstellbar, dass sich in der Zwischenzehenhaut einige offene Stellen gebildet haben und das Bakterium so eindringen konnte.




Abb. 3: Dieses Klauensohlengeschwür zeigt einen
großen Unfang in der Sohle und relativ
kleine Schäden an der Lederhaut.


Feuchtigkeit vermeiden
Der Fäule ist eine typische Stallkrankheit. Sie kommt auf der Weide nur sehr selten vor. Während einer länger anhaltenden nassen Periode, zeigt sie sich auch beim Weidegang. Dann allerdings in einer etwas anderen und milderen Form (Abb. 4).



Abb. 4:Das Blut (etwas tiefer als die Furchen)
zeigt, dass ein Klauengeschwür vorhanden ist.

Beide Erreger fühlen sich in einem relativ warmen, feuchten und dunklen Umfeld wohl und vermehren sich. So lässt sich einfach erklären, dass die Krankheit sich hauptsächlich im Stall zeigt. Vor allem in Boxenlaufställen, in denen sich die Tiere in ihrem eigenen Kot und dem anderer bewegen, ist die Gefahr relativ groß, dass sich Kühe infizieren. Durch einen stark verdreckten Laufgang wird das Verbreiten also angeregt und auch milde Temperaturen während des Winters erhöhen den Infektionsdruck. Dies gilt besonders in Ställen, in denen der Lichteinfall nicht optimal ist und die Luftbewegung zu wünschen übrig lässt. In die Betriebe mit Warmställen wird sich die Problematik noch stärker zeigen. Bleibt der Hygienestandard in dem Bereich, in dem sich die Kühe aufhalten, auf geringem Niveau, ist ebenso mit einem erhöhten Infektionsrisiko zu rechnen.


In der Anbindehaltung kommt es regelmäßig zum Ausbruch, da die Temperatur dort relativ hoch ist und die Lichtverhältnisse meist nicht optimal sind. Starker Verkehr von Personen mit verschmutzten Stiefeln und Kleidung in der Kuhherde beschleunigen selbstverständlich den Befall. Auch fremde Tiere im Stall, die eine andere Ration bekommen haben und ein anderes Keimspektrum aus der vorherigen Herde gewohnt sind, sind ein erhöhter Risikofaktor. Werden bei den Tieren die Klauen gepflegt, ist es wichtig zu wissen, dass die meisten Keime über die Händen, zum Beispiel unter den Fingernägeln und mit dem Arbeitsmaterial, verbreitet werden. Handschuhe und sauberes Arbeitmaterial sind also angebracht. Normalerweise ist in den Ställe ab Mitte Februar eine erhöhte Rate an Ballenfäule wahrzunehmen. Bei längerer Frostperiode, die später im Winter auftreten, verschiebt sich der Befall nach hinten. Bei einem milden Winter wird der Anfang des Befalls deutlich früher beginnen und damit auch drastischere Spuren hinterlassen.


Schnell und richtig handeln
Ist die Fäule aufgetreten, sollte zunächst eine Klauenpflege vorgenommen werden, da das Hornwachstum von der Krankheit angeregt wurde. Vermehrtes Sohlenhorn kann nur über das Beschneiden der Klauen entfernt werden. Ausschließliches Einsprühen mit einem Medikament oder das Treiben durch ein Klauenbad, kann den Infektionsdruck an dieser Stelle nur sehr gering beeinflussen. Die Riefen sind oft zu tief und verschmutzt. Hinzu kommt, dass das Ballenhorn, das sich vom Sohlenhorn gelöst hat, und das Sohlenhorn nicht wieder vereinen können.

Bei der Pflege ist darauf zu achten, dass die beiden Klauen am gleichen Unterfuß den gleichen Gewichtsanteil tragen. Zudem spielt Punkt 5 aus dem Arbeitsschema der "funktionelle Klauenpflege" eine bedeutende Rolle: Alles lose Horn muss entfernt werden. Kann daraufhin nicht gewährleistet werden, dass der eventuell angeschwollene Ballen (Abb. 5) entlastet wird, kann nur noch der Klauenklotz eine Lösung bieten. Hier ist darauf zu achten, dass ein von hinten offener Schuh entsteht.

Das Fettgewebe, das in dem Ballen vorhanden ist, wird sich nach der Entlastung in wenige Tage wieder beruhigen und zurück schmelzen. Ist das Fettgewebe schon entzündet, gibt es nur noch eine Möglichkeit: Es gilt eine stark ziehende, aber nicht ätzende Salbe einzusetzen, um diese Entzündung zum Reifen zubringen. Jede Spritze, auch mit Antibiotikum, ist hier sinnlos, da im Fettgewebe keine Blutzirkulation vorhanden ist. So kommt das Medikament nicht an der Stelle an, an der es ankommen sollte.

Nach dem Beschneiden und Säubern der erkrankten Stellen ist es ratsam, diese Stellen mit einem antibiotischen Spray leicht einzusprühen. Diese Sprays sind über den Tierarzt und in Absprache mit ihm zu beziehen. Die Sprays, die frei im Handel zu beziehen sind, zeigen oft nicht den benötigten Wirkungsgrad.

Auch die Natur selbst kann helfen: Maden versuchen die Riefen zu reinigen (Abb. 6).




Abb. 5: Ein durch Ballenfäule stark
angeschwollener Ballen.


Abb. 6: Der feuchte und milde Winter fördert
auch in offenen Ställen die Klauenfäule.
Abhilfe kann die Natur liefern: Maden
versuchen die Kluft zu reinigen, so weit
sollte es aber gar nicht erst kommen.

Klauenbäder: Nur bedingt erfolgreich
Oft stellt sich bei solchen infektiösen Erkrankungen die Frage, ob das Klauenbad das Mittel der Wahl ist. Wir sind in Deutschland gebunden an gesetzliche Regeln, die klar definieren was man darf und was nicht. Grundsätzlich ist es so, dass Mittel wie Formalin, Zink- und Kupfersulfat nur als Pflegemittel zugelassen sind. Ist die Kuh bereits von Klauenfäule befallen, ist der Einsatz verboten, da es nun zu den therapeutischen Mitteln gehört. Dies ist auch richtig so, denn wäre dem Benutzer bekannt, welche Folgeschäden solche Mittel an einer erkrankten, geöffneten Lederhaut (z.B. schließt sich das Epithelgewebe über der Lederhaut nicht innerhalb der vorgesehenen Zeit) anrichten, würde dieser es nicht einsetzen.


Wird einen Fußbad eingesetzt, dann sollte gleich im Herbst damit anfangen werden. Vier bis sechs Wochen vor dem Aufstallen, müssen bei allen Tieren die Klauen prophylaktisch gepflegt werden. Dann gilt es drei bis vier Wochen abzuwarten, so dass eventuelle Klauenleiden verheilt sind. Danach wird regelmäßig, alle drei Wochen ein Klauenbad über eine Länge von vier Melkzeiten angesetzt. Hier ist Formalin gefragt, das über ein Rezept über den Hoftierarzt zu beziehen ist. Zink- und Kupfersulfat haben in vielen Studien wenig Erfolg gezeigt. Kupfersulfat greift zudem die Zwischenzellsubstanz in der Lederhaut stark an. Viele frei beziehbare Mittel zeigen oft nur wenig Wirkung, mit Ausnahme des Quaternären Ammoniumsalzes. Antibiotische Fußbäder sind nur in Notfällen erlaubt, dies ist immer mit dem Tierarzt zu klären. Hier ist zu bedenken, dass auch in Notfällen die Einzeltierpflege am erfolgreichsten ist.


Fazit
Die Klauenfäule ist eine infektiöse Erkrankung, die von der Kuh übertragen wird. Sie ist hauptsächlich eine Stallkrankheit mit oft erheblichen Folgeschäden an der Klaue. Zudem ist sie eines der Klauenleiden mit der höchsten Abgangs- und Sterberate. Aufmerksamkeit und gute Klauenpflege sind bei der Therapie gefragt - mit sehr guten Erfolgen. Fußbäder zeigen nur bedingt eine Wirkung.




René Pijl . Klauenpfleger Meister . Fischershäuser 1 . 26441 Jever . E-Mail: r.pijl@t-online.de . Telefon: 04461-6863 . Fax: 04461-6988